Brandenburg: Jetzt retten alle die Berliner Mauer
Wowereit sieht gute Chancen für East Side Gallery und verteidigt die geplante Hochhausbebauung
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Berlin - Im Streit um die East Side Gallery sieht Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gute Chancen für eine „schonende Lösung“ des Problems. Nach Rücksprache mit allen Beteiligten sei deutlich geworden, dass es Alternativen gebe zum geplanten Abriss von 23 Meter Hinterlandmauer entlang der Mühlenstraße in Friedrichshain-Kreuzberg. Der Senat befasste sich am Dienstag mit dem Thema. Anlass waren die Massenproteste gegen den Mauerdurchbruch mit anschließendem Baustopp. Das entfernte Mauerstück soll sogar wieder in die East Side Gallery eingefügt werden.
Auf Einladung Wowereits werden sich die beteiligten Privatinvestoren, Vertreter des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, der Stadtentwicklungsbehörde und der Finanzverwaltung des Senats zusammensetzen, um eine gemeinsame Linie zu finden. Dabei geht es um das geplante Hochhaus mit 36 Wohnungen an der Mühlenstraße und um den Zuweg zu einer Fußgänger- und Fahrradbrücke über die Spree, die anstelle der im Krieg zerstörten Brommybrücke entstehen soll. Für diese Zwecke sah ein 2005 festgelegter Bebauungsplan eine 22 Meter breite Zufahrt vor, der die East Side Gallery im Wege steht.
Jetzt sind sich auf einmal alle einig, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, um das Hochhaus und die Brücke an das bestehende Verkehrs- und Wegenetz anzuschließen. Dafür könnten sogar kleine Mauerdurchbrüche genutzt werden, die es schon gibt. In diesem Fall müsste eine israelische Investorengruppe, die ein benachbartes Grundstück mit einem 120 Meter langen Büro- und Geschäftshaus bebauen will, ein Wegerecht einräumen. Dieser Investor habe in einem ersten Gespräch die Bereitschaft erkennen lassen, zur Lösung des Problems beizutragen, sagte Wowereit. Er will die Mauergalerie möglichst so erhalten, wie sie ist.
Möglich wäre auch eine Verkehrserschließung durch die Parks an der Spree, die westlich und östlich der beiden Baugrundstücke liegen. Dazu äußerte sich Wowereit eher skeptisch, dafür seien eventuell weitere Mauerdurchbrüche nötig. Wowereit wollte sich auch nicht darauf festlegen lassen, bis wann die Prüfungen abgeschlossen sind: „Sie wissen ja, dass ich mit der Nennung von Terminen vorsichtiger geworden bin.“ Der Regierende sicherte zu, dass das entfernte Mauerstück wieder in die Gallery hineinkommt. „Das sollte man machen, das ist das geringste Problem.“
Wowereit stellte aber klar, dass die geplanten Bauprojekte aus Sicht des Senats nicht zur Disposition stehen. „Wir wollen keine privaten Investitionen verhindern.“ Wowereit hält auch nichts von einem Grundstückstausch, damit der Investor Living Bauhaus sein Wohngebäude woanders hinsetzt. Ob die Fußgänger- und Radlerbrücke notwendig sei, die mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, müsse der Bezirk entscheiden. Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg gingen zur Vorwärtsverteidigung über und forderten den Senat auf, die Pläne zur Bebauung der Mauergrundstücke aufzugeben. Die East Side Gallery dürfe nicht „zum Gartenzäunchen von Hochhäusern werden“, sagte Bezirksbürgermeister Schulz. Er wies auf eine von 70 000 Berlinern, darunter SPD-Landeschef Jan Stöß, unterschriebene Massenpetition hin, die sich gegen eine „Luxuswohnbebauung auf dem ehemaligen Todesstreifen“ wende.
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