
© Patrick Pleul
Seen-Verkauf: „Jetzt steht eine Summe im Raum“
Seen-Geschäft zwischen Bund und Mecklenburg-Vorpommern setzt Rot-Rot in Brandenburg unter Druck
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Berlin/Potsdam - Frank Plücken sind die Hände gebunden. Der Patient liegt direkt vor seiner Haustür, helfen kann er ihm nicht. „Der Caputher See ist extrem mit Nährstoffen überfrachtet und muss dringend saniert werden. Früher hatten wir Sichttiefen von bis zu 1,50 Meter, heute sind es weniger als 50 Zentimeter, berichtet der Vorsitzende des Vereins Caputher See. Zusammen mit der Gemeinde Schwielowsee (Potsdam-Mittelmark) und dem ansässigen Fischereibetrieb will der Verein das ökologische Gleichgewicht des Gewässers wieder herstellen und den Caputher See zu einem öffentlich zugängigen Badesee entwickeln, der die touristische Attraktivität des anerkannten Kurortes erhöht. Doch bislang können Plücken und die anderen nur zuschauen, wie sich jährlich der Algenteppich vergrößert. Der Caputher See ist Teil des sogenannten Seenpakets im Eigentum des Bundes, über dessen Ankauf die rot-rote Landesregierung Brandenburgs seit Anfang des Jahres ergebnislos verhandelt. So lange aber die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt sind, kann die Gemeinde Schwielowsee die Fördermittel für die notwendigen Gutachten und Maßnahmen nicht beantragen.
Insgesamt umfasst das Seenpaket 83 Seen und 60 Seenteilflächen. Darunter befinden sich neben dem Caputher See etwa der Mellensee im Landkreis Teltow-Fläming oder der Motzener See (Dahme-Spreewald). Das Seen-Bündel hatte der Bund dem Land bereits im Januar zum Kauf vorgelegt, auf ein Preisangebot des Landes wartet man im Bundesfinanzministerium in Berlin bisher aber vergeblich. Verwaltet werden die Seen aus dem Treuhandbestand von der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). „Still ruht der See. Wir warten weiter der Dinge, die da kommen“, bestätigt BVVG-Sprecherin Constanze Fiedler. Allerdings, so heißt es in Berlin, sei das Zögern in Potsdam vermutlich politischen Gründen geschuldet.
Knackpunkt aus brandenburgischer Sicht ist, dass der Bund den ostdeutschen Ländern deutlich gemacht hat, dass die Seen nicht zum Nulltarif zu bekommen seien. Stets hatte vor allem die Linke-Fraktion im brandenburgischen Landtag gefordert, der Bund müsse die Seen unentgeltlich übertragen. Nun scheint Mecklenburg-Vorpommern über seinen Schatten gesprungen zu sein. Vor wenigen Tagen hat die Staatskanzlei in Schwerin mitgeteilt, man habe sich mit dem Bund über den Ankauf von 37 Gewässern geeinigt. Der Preis: 1,86 Millionen Euro.
Der brandenburgischen Landesregierung schmeckt das Geschäft nicht. „Jetzt steht eine Summe im Raum. Das Zeichen, das gesetzt wurde, ist nicht so einfach“, räumt etwa Manfred Richter, Sprecher für Kommunalfinanzen in der märkischen SPD-Fraktion, ein. Über das Ziel, eine Privatisierung zu vermeiden und die Seen für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen, sei sich die Koalition aber weiterhin einig, so Richter. „Vorzugsweise für umsonst, wenn das nicht geht, dann für wenig Geld.“ Auch Christian Görke, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linke-Fraktion, hat sich von der Maximalforderung noch nicht verabschiedet. „Es ist nach wie vor ein Unding, dass das, was eigentlich dem Volk gehört, zurückgekauft werden muss“, poltert der Linke-Politiker. Rot-Rot hatte bereits angekündigt die Gewässer den Kommunen zu übertragen, sollte das Geschäft zustande kommen. In der Opposition im Landtag stößt die Haltung der Regierungsfraktionen auf Kritik. „Aussitzen scheint das Motto der Legislaturperiode zu sein. Damit wird aber nichts erreicht, was gut für Brandenburg ist. Es wird bei der Seenübertragung keine Geschenke vom Bund geben, damit muss sich die Landesregierung realistischerweise abfinden“, meint der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dieter Dombrowski.
In den Verhandlungen mit dem Bund will Rot-Rot nun offenbar mit Verweis auf die hohen Unterhaltungskosten der Gewässer den Kaufpreis drücken. Sogenannte „Gewässersteckbriefe“ zu jedem der 83 Seen und 60 Teilflächen sollen als Vorbereitung für ein Angebot die zu erwartenden Belastungen aufzeigen. Zu beachten seien etwa anfallende Ausgaben für Gewässersanierungen und andere Unterhaltungsmaßnahmen, meint Manfred Richter. Die Bewirtschaftung der Seen sei ohnehin höchstens ein Null-Summen-Spiel, heißt es ebenfalls aus dem Landesinfrastrukturministerium, das die Verhandlungen führt. Allzugroß aber ist der Spielraum in Berlin nicht, das weiß auch Christian Görke. „Das Paket für Brandenburg ist flächenmäßig etwa drei- bis viermal so groß wie das Mecklenburg-Vorpommerns. Da muss man deren Kaufpreis wohl mit drei oder vier multiplizieren“, räumt der Parlamentarische Geschäftsführer der Linke-Fraktion zähneknirschend ein.
Bei Ute Lietz, stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde Schwielowsee, geht die Geduld jedoch langsam zu Ende. „Es geht schon sehr viel Zeit ins Land und wir können nichts machen“, beklagt sie. Dringend müsse etwas passieren, der Zustand des Sees werde immer schlechter. „Je länger sich die Verhandlungen hinziehen, desto teurer wird vermutlich später die Sanierung“, befürchtet die stellvertretende Rathaus-Chefin.
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