Brandenburg: Jüdischer Friedhof soll Weltkulturerbe werden
Der Berliner Senat will die Anlage in Weißensee für die Unesco-Liste vorschlagen. Auch Hansaviertel, Karl-Marx-Allee und Siemensstadt sind im Gespräch.
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Berlin - So einig war man sich im Berliner Senat selten. Fraktionsübergreifend einigten sich die Parteien auf den Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee, der der Unesco zur Aufnahme in ihre Liste des Weltkulturerbes vorgeschlagen werden soll, wie der Senat am Dienstag bekanntgab. „Der jüdische Friedhof in Weißensee ist ein wichtiger kultureller und geschichtsträchtiger Ort“, sagte Stadtentwicklungssenator Michael Müller und wies auf die Vielfalt von Welterbestätten hin, die Berlin mit Aufnahme des Friedhofs in die Liste besitzen würde. Bereits 1991 wurden die Potsdamer und Berliner Kulturlandschaft mit den preußischen Schlössern und Gärten in die Liste aufgenommen. 1999 kam die Berliner Museumsinsel dazu, 2008 waren es sechs Siedlungen der Berliner Moderne.
Die Chancen des Friedhofs als Anerkennung als Weltkulturerbe sind schwer einzuschätzen. Nach dem üblichen Prozedere erstellen die Bundesländer zunächst Listen mit einer festgelegten Zahl von Anträgen, die der Kultusministerkonferenz vorgelegt werden. Diese entscheidet, welche Anträge für Deutschland ins Rennen gehen. Am Ende erteilt die Welterbekommission der Unesco den Zuschlag. Berlin stehen aktuell zwei Vorschläge zu.
Der 1880 gegründete Friedhof spiegelt die Geschichte der Berliner Juden wider. Er dokumentiert, wie sich die Juden im 19. und 20. Jahrhundert in Berlin assimilierten. Beispielsweise sind dort der Verleger Samuel Fischer, der Schriftsteller und Journalist Theodor Wolff, der Warenhausgründer Hermann Tietz und der Schriftsteller Stefan Heym begraben.
Durch den laufenden Antrag floss schon jetzt Geld von Bund und Ländern in die Restaurierung der Friedhofs. So konnten die Friedhofsmauer und etwa 100 Grabmäler erneuert werden. „Der Zustand des Friedhofes hat sich verbessert“, sagt Hendrik Kosche, der am Unesco-Antrag mitgearbeitet hat. Allerdings sei die Situation noch immer schwierig. Derzeit arbeiten auf dem 40 Hektar großen Friedhof mit seinen 166 000 Gräbern nur 15 Mitarbeiter. Dies könnte sich mit der Aufnahme in die Unesco-Liste verbessern. „Es wäre toll für die jüdische Gemeinde, zumal sich die finanzielle Situation verändern würde“, sagt Kosche. Durch den Status erhofft sich die Gemeinde höhere Besucherzahlen und mehr Fördermittel.
Auf ähnliche Vorteile hofft man auch in Berlin-Mitte. Dort versucht eine Bürgerinitiative, den Senat davon zu überzeugen, das Hansaviertel und die Karl-Marx Allee beim nächsten Antrag zu berücksichtigen. Am Freitag wollen die Befürworter, zu denen auch der frühere Kultursenator Thomas Flierl gehört, das Projekt der Öffentlichkeit vorstellen. „Für uns ist das Ganze auch ein politisches Thema“, sagte Thilo Geisler vom Bürgerverein Hansaviertel. Nirgendwo sonst zeige sich das Nebeneinander von Ost- und West-Architektur so eindrucksvoll wie in der Gegend rund ums Hansaviertel und in der Karl-Marx-Allee. Im Gespräch für eine Bewerbung sind auch die alten Industriebauten von Siemensstadt.
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