Brandenburg: Jugendliche verprügelten Rabbiner Staatsschutz ermittelt nach brutaler Attacke
Berlin - „Bist Du Jude?“ Das soll einer der vier Jugendlichen am Dienstagabend den Rabbiner gefragt haben.
Stand:
Berlin - „Bist Du Jude?“ Das soll einer der vier Jugendlichen am Dienstagabend den Rabbiner gefragt haben. Als der 53- Jährige, der eine Kippa trug und mit seiner sechsjährigen Tochter in Friedenau unterwegs war, die Frage bejahte, prügelten die jungen Männer auf ihn ein, beleidigten ihn und bedrohten seine Tochter: „Ich bringe deine Tochter um“, sagte einer, bevor die vier flüchteten. Der Rabbiner wurde im Gesicht verletzt und im Krankenhaus behandelt. Er sollte Mittwochabend wegen eines gebrochenen Jochbeines operiert werden. Kamerateams sammelten sich vor seinem Wohnhaus. Der Staatsschutz ermittelt – er geht von jungen Männern arabischer Herkunft aus.
Der Angriff fand gegen 18.20 Uhr in der Beckerstraße statt, die zum „Malerviertel“ in Friedenau gehört. Hier lebt der Rabbiner mit seiner Frau und zwei kleinen Töchtern. Die Nachbarn sind entsetzt. „Wir sind schockiert über diese Tat“, sagt ein 68-Jähriger. Das Viertel sei gutbürgerlich, aber es gebe gewisse Probleme mit einer „Anhäufung“ arabischer Jugendlicher. „Wir sind entsetzt über diese neue Dimension von Gewalt“, sagt die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD): „Seit Längerem ist für den kommenden Sonnabend ein großes Fest der Integration am Dürerplatz geplant. Da werden viele Menschen noch einmal ganz klarmachen, dass Antisemitismus bei uns nichts zu suchen hat.“
Antisemitische Taten werden bei der Polizei unter politisch-motivierter Kriminalität erfasst, beim Landeskriminalamt ist der Staatsschutz zuständig. Als antisemitisch wurden im vergangenen Jahr 132 Taten eingestuft, 20 Fälle weniger als im Vorjahr 2010. Meist waren es Beleidigungen und Drohungen. Kenner gehen davon aus, dass es wie in anderen Fällen von Hasskriminalität eine hohe Dunkelziffer gebe. Zur Hasskriminalität gehören Rassismus, Antisemitismus, Gewalt wegen sexueller und religiöser Orientierungen.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) verurteilten den Angriff. Wowereit sagte: „Das war eine Attacke auf die Religionsfreiheit.“ Die Solidarität der Stadt gelte dem Rabbiner, sagte Benedikt Lux, Innenexperte der Grünen. Der Rabbiner war bis 2010 für die Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Berlin tätig. Der neue Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde der Stadt, Gideon Joffe, sagte: „Die verbale Aggression gegen Juden hat zugenommen.“
Die Jüdische Gemeinde Berlin plant laut Joffe, ab 2013 eine eigene Datenbank zur Erfassung antisemitischer Vorfälle einzurichten. Dort sollen nicht nur Übergriffe dokumentiert werden, sondern etwa auch an Juden gerichtete abwertende Sprüche. Antisemitismus sei ein gesamtgesellschaftliches Problem – „egal, ob er von arabischen Jugendlichen ausgeht, von rechtsextremen Opas oder der sogenannten Mitte der Gesellschaft“ ausgehe, sagte Susanna Harms, die für die Amadeu-Antonio-Stiftung zu Antisemitismus arbeitet. Der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses erklärte in Brüssel, nächste Woche würden sich Vertreter jüdischer und muslimischer Gemeinden treffen. Er hoffe, dass es eine gemeinsame Verurteilung von Gewalt geben werde. tabu/das/ha
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: