Brandenburg: Justiz begrüßt Senator in der „Schlangengrube“
Auf Thomas Heilmann warten viele neue Aufgaben Manche prophezeien dem Quereinsteiger Probleme
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Berlin - Thomas Heilmann gilt als Mann mit vielen Talenten und gesundem Selbstbewusstsein. Dennoch prophezeien auch Parteifreunde dem designierten Berliner Justiz- und Verbraucherschutzsenator, dass ihm im neuen Amt, das er voraussichtlich am kommenden Donnerstag antritt, enorme Herausforderungen bevorstehen. Und nicht jeder geht davon aus, dass er sie erfolgreich meistert. Denn der renommierte Unternehmer, der von Parteichef Frank Henkel am Dienstagabend als Nachfolger des geschassten Senators Michael Braun genannt worden war, bringt als Volljurist zwar formal das nötige Rüstzeug mit. Da der 47-Jährige aber seine juristische Laufbahn vor 20 Jahren abgeschlossen hat und seitdem vor allem als Werbe- und Kommunikationsunternehmer aktiv war, dürfte ihn als Chef der Justiz- und Verbraucherschutzverwaltung der eine oder andere „Kulturschock“ erwarten, wie es ein Parteifreund formuliert.
Auch aus Justizkreisen sind Zweifel zu hören, ob der Neue in der „Schlangengrube“ zurechtkommt. „Ohne Insiderkenntnisse der Strafjustiz wird er es hier schwer haben“, prophezeit ein Strafjurist. Ähnliches ist auch aus der Opposition zu hören, die Heilmann für eine „Notlösung“ hält, wie es Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop sagte.
Aber wer weiß – vielleicht hilft es auch, dass Heilmann mit einem unverstellten Blick kommt, wie es ihm zumindest viele Parteifreunde zugute halten. „Es ist hilfreich, wenn jemand von außen kommt, der nicht schon seit 20 Jahren dabei ist und bei dem keine Gefahr von Betriebsblindheit droht“, sagt die CDU- Rechtspolitikerin Cornelia Seibeld.
Heilmann hat jedenfalls vieles anzupacken. In der Justiz steht in diesem Jahr die Fertigstellung des neuen Gefängnisses Heidering an; der Senator muss also auch den Umzug der Häftlinge aus Tegel dorthin über die Bühne bringen – ohne dass einer flieht. Und er muss mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) um mehr Personal für die Übergangsphase ringen. Ganz wichtig auch die Neuorganisation der Sicherungsverwahrung: Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts müssen Sicherungsverwahrte ähnlich selbstbestimmt leben können wie freie Menschen, nur eben eingesperrt. Hierfür ist ein Gesetz nötig. Der Strafvollzug muss in einem eigenen Landesgesetz neu geregelt werden. Auch bei den Gerichten ist viel zu tun. An der Spitze des Oberverwaltungsgerichts (OVG) gibt es eine Vakanz; der Stuhl des ranghöchsten Verwaltungsrichters von Berlin und Brandenburg ist frei, seit Gerichtspräsident Jürgen Kipp Ende Dezember verabschiedet wurde. Ein Nachfolger fehlt bisher.
Viel zu tun also – und dann ist da noch der Verbraucherschutz, ein großes Gebiet mit ausgefransten Rändern, das von der Gesundheit, bei der es bisher angebunden war, nicht randscharf zu trennen ist. Der größte Posten ist hier die Lebensmittelüberwachung. Weitere Themen sind der Nichtraucherschutz, die Landwirtschaft, die Umstrukturierung der Verbraucherzentrale oder auch der Schutz der Bürger vor betrügerischen Finanzprodukten, Abofallen und ähnlichem. Laut Koalitionsvertrag sollen auch die Gebühren für „Produkte der Daseinsvorsorge“ (also Strom, Müll, Wasser, Gas) transparenter werden.
In der Verwaltung hat der Selfmade-Millionär und Mehrfach-Unternehmer Heilmann bisher nicht gearbeitet; seine aus der New Economy und der Werbebranche mitgebrachte Dynamik dürfte von ihr gewaltsam entschleunigt werden.
Wie gut, dass sein neuer Justizstaatssekretär Alexander Straßmair verwaltungserfahren ist.
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