Brandenburg: Justiz ermittelt gegen 23 Gefängnis-Bedienstete
Potsdam - In Brandenburger Gefängnissen hat es mehrfach Übergriffe von Justizbeamten gegeben, denen erst jetzt nachgegangen wird. Das Justizministerium bestätigte gestern, dass derzeit insgesamt 23 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete von Justiz-Vollzugsanstalten wegen Körperverletzung im Amt oder unterlassener Hilfeleistung laufen.
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Potsdam - In Brandenburger Gefängnissen hat es mehrfach Übergriffe von Justizbeamten gegeben, denen erst jetzt nachgegangen wird. Das Justizministerium bestätigte gestern, dass derzeit insgesamt 23 staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete von Justiz-Vollzugsanstalten wegen Körperverletzung im Amt oder unterlassener Hilfeleistung laufen. Zum Teil handelt es sich dabei um bis ins Jahr 1994 zurückgehende Altfälle, die im Rahmen einer flächendeckenden Überprüfung bekannt geworden sind und jetzt neu aufgerollt werden. Insgesamt waren rund 200 frühere Strafanzeigen von Gefangenen gegen Wärter erneut untersucht worden. PDS-Justizsprecher Stefan Sarrach erklärte nach dem Eingeständnis des Ministeriums, das von „Einzelfällen“ spricht: „Es ist ein Skandal, wenn Bedienstete Gewalt eskalieren lassen und die JVA-Leitung das deckelt.“ Nun sei offenkundig, dass Justizministerin Barbara Richstein (CDU) früheren Hinweisen auf Missstände und Übergriffe nicht nachgegangen sei. Die Überprüfung hatte Richstein veranlasst, nachdem die Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel im Mai bundesweit als „Folter-Knast“ in die Schlagzeilen geriet. Tatsächlich hat sich in jenen beiden Fällen, die das RBB-Magazin „Klartext“ damals aufgedeckt hatte, der Verdacht gegen Bedienstete zumindest teilweise erhärtet. Zwar fanden sich bei den Untersuchungen keine Anhaltspunkte, dass ein „vermummtes Prügelkommando“ den tobenden, herzkranken Russlanddeutschen Friedrich F. im Januar 2004 mit Gummiknüppeln zusammengeschlagen haben soll. Die Ermittlungen gegen drei Bedienstete wurden eingestellt. Doch war am Tag nach dem Vorfall bei F., der in der Nacht vergeblich um medizinische Hilfe gebeten hatte, ein Herzinfarkt diagnostiziert worden. Gegen den Anstaltsarzt und einen Pfleger wird weiterhin wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt, „weil der Verdacht einer zögerlichen Behandlung fortbesteht“, so Justizsprecherin Dorothee Stacke. Noch gravierender ist nach PNN-Recherchen der Fall D., der in der JVA Brandenburg im Frühjahr 1999 mehrfach von einem Bediensteten misshandelt worden sein soll. Verletzungen sollen sogar aktenkundig sein. Gegen den Bediensteten ermittelt die Staatsanwaltschaft, nachdem ein früheres Verfahren eingestellt wurde. Thorsten Metzner
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