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Schwarzes Gold aus Sibirien. Die PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) verarbeitet hauptsächlich Rohöl aus Russland. Die Versorgungslage sei nach wie vor gut, heißt es aus dem Unternehmen. Wegen der Rohöllieferung nach Schwedt ist Russland der wichtigste Importeur für Brandenburg. Exportiert wird nach Russland vergleichsweise wenig.

© dpa

Brandenburg: Kakao gegen Rohöl

Russlandexport für Brandenburg kaum von Bedeutung. Handelskammer aber besorgt wegen Ukraine-Krise

Von Matthias Matern

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Potsdam - Voraussichtlich am heutigen Dienstag will die Europäische Union wegen der Ukraine-Krise erstmals auch Wirtschaftssanktion gegen Russland verhängen. So soll russischen Banken der Zugang zum europäischen Kapitalmarkt versperrt werden, der Export von Waffen und sensiblen Technologieprodukten verboten sowie der von Spezialanlagen zur Öl- und Gasförderung eingeschränkt werden. Wie die „Frankfurter Allgemeine“ berichtet, sollen die Botschafter der 28 EU-Mitgliedsstaaten noch im Laufe des Tages die Sanktionen beschließen. Über erste Einbußen durch den Konflikt und mögliche Folgen durch die angekündigten Sanktionen für die brandenburgische Wirtschaft gehen die Meinungen auseinander.

Während man im Landeswirtschaftsministerium keinen Grund zur Sorge sieht, berichtet die Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam von einer Verunsicherung vieler Geschäftsleute und auf Eis gelegten Aufträgen. „Alle schauen mit großer Sorge auf das, was vor ihren Augen passiert. Auch die Geschäftspartner in Russland sind verunsichert und fragen sich: Sollen wir noch bestellen, können die Verträge überhaupt noch erfüllt werden?“, sagt Jens Ullmann, Außenhandelsexperte der Potsdamer IHK. „Unsere Unternehmen berichten uns, dass Aufträge nicht ausgelöst werden und jeder wartet.“ Es gehe die Angst vor einer Spirale um, die jetzt möglicherweise in Gang gesetzt werde, so Ullmann. „Mit Sanktionen ist es wie mit schlechten Angewohnheiten. Sind sie erst mal da, bekommt man sie schlecht wieder weg.“

Der Statistik zufolge spielt Russland als Exportpartner für Brandenburg nur eine untergeordnete Rolle. Angaben des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums zufolge gingen im vergangenen Jahr gerade mal 2,34 Prozent der Gesamtexporte Brandenburgs nach Russland. In das Land werden demnach vor allem Waren aus Kunststoffen, Kakao und Kakaoerzeugnisse sowie pharmazeutische und elektrotechnische Produkte verkauft. Im Vergleich der wichtigsten ausländischen Absatzmärkte belegt Russland damit nur Platz elf. Zum Vergleich: Der Anteil des bedeutendsten Exportpartners Brandenburgs, der USA, belief sich laut Ministerium im vergangenen Jahr auf etwa 14 Prozent. Flächendeckende Folgen durch eine sich weiter verschärfende Lage befürchtet man offenbar auch künftig nicht: „Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen im Land Exportpartner in zahlreichen Ländern haben, um generell vor möglichen Krisen gewappnet zu sein“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Auch beim UVB, der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg, sieht man derzeit für Brandenburg keine dramatischen Konsequenzen.

Der IHK zufolge unterhalten insgesamt 458 Unternehmen in Brandenburg Geschäftsbeziehungen zu Russland. Und: Exporte in Höhe von 307 Millionen Euro im Jahr 2013 seien so schlecht auch wieder nicht, meint Ullmann. „Zwar rangiert Russland nicht unter den Top Ten, aber es gibt eben Unternehmen, die hochgradig von Geschäften mit dem Land abhängig sind. Andere Firmen sind Handelsniederlassungen russischer Firmen.“ Außerdem hätten sich auch einige Logistikfirmen auf das Osteuropa- und Russlandgeschäft spezialisiert, so der IHK-Außenhandelsexperte weiter.

Sollte sich aber ein umfassender Handelskrieg entspinnen, könnten die Folgen umfänglicher sein als bislang angenommen. Spielt Russland als Exportpartner Brandenburgs kaum eine Rolle, so führt es klar die Rangliste der wichtigsten Importländer an, und zwar laut Ministerium mit einem Anteil von 33,8 Prozent der Gesamtimporte. Dabei gehe es zu 98,8 Prozent um Erdöl und Erdgas. Würde der Rohöl-Hahn zugedreht, säße die Schwedter PCK-Raffinerie nach rund 90 Tagen zumindest kurzfristig auf dem Trockenen. Die Raffinerie verarbeitet hauptsächlich Rohöl aus Sibirien. Noch aber gibt man sich in der Oderstadt gelassen: Man habe einen guten Rohölbestand. Ansonsten gebe es keine besonderen Vorkommnisse.

Auf eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftsbeziehungen ist Russland offenbar nicht aus. Die Verunsicherung von Investoren durch die politischen Spannungen und die damit verbundene Kapitalflucht hat die Wirtschaft des Landes laut Experten bereits „zum Stillstand gebracht“. Entsprechend versicherte Außenminister Sergej Lawrow am Montag, man werde die EU-Sanktionen nicht nach dem Grundsatz „Auge um Auge“ beantworten.

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