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Ein Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Einschränkungen der Bundesregierung trägt eine Mund-Nasen-Bedeckung mit der Aufschrift „Diktatur“.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Kampf gegen Diskriminierung: Brandenburgs Diakonie setzt Demokratieberater ein

Auch in die diakonischen Einrichtungen schwappen rechtspopulistische Ansichten hinein. Wie diese Einflüsse herausgedrängt werden sollen.

Auf dem Schulhof ist es die Beleidigung: „Du Jude!“. In der Behindertenwerkstatt ist es der Mitarbeiter, der lautstark über Fremde pöbelt. Und in der Pflegeeinrichtung bewirbt sich jemand, der sich gleichzeitig als Kandidat für eine rechtsradikale Partei aufstellen lässt. Wäre am Sonntag Landtagswahl in Brandenburg gewesen, wäre die AfD mit 25 Prozent stärkste Kraft im Land. Und auch die evangelische Diakonie und ihre Einrichtungen merken, dass sich im Welt- und Wertebild der Märker etwas verschoben hat.

„Die Menschen, die in den Einrichtungen der Diakonie arbeiten und dort untergebracht werden, unterliegen den gleichen Einflüssen wie andere Gesellschaftsgruppen auch“, sagt Ralf Zimmermann. Er ist der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung in der mit ihren Einrichtungen überwiegend in Brandenburg tätigen Berliner Stephanus-Stiftung. „Sie sind dem ausgesetzt.“

Fake News zu Flüchtlingen oder die Angst vor dem Verlust vor Wohnraum träfen Diakonie-Mitarbeiter genau wie die Bewohner und Betreuten der Einrichtungen. Zimmermann hat sich deshalb schon vor einigen Jahren zum Demokratieberater ausbilden lassen. Was das ist? „Ein Demokratieberater bekommt durch Seminare, Schulungen und Workshops ein Handwerkszeug, um in Situationen, die diskriminierend oder konfliktträchtig sind, mediativ, ausgleichend und helfend einzugreifen“, sagt Zimmermann. Er soll also verhindern, dass der Streit von draußen in die Einrichtungen getragen wird, dort weiter schwelt und eskaliert.

„Man merkt die angespannte Stimmung im Land, gerade auch in den ländlichen Regionen“, sagt Zimmermann. Diakonische oder kirchliche Mitarbeiter würden zuweilen angefeindet. „Die Kirche wird oft als nicht mehr zeitgemäß bezeichnet“, sagt Zimmermann. „Und weil die Diakonie mancherorts einer der größten Arbeitgeber ist, wird man auch schon mal als Platzhirsch attackiert.“

Bei den Menschen, die selbst in den Einrichtungen lebten, sei die Sachlage etwas anders: Menschen mit Beeinträchtigungen, die von anderen diskriminiert werden, würden es nicht immer sofort merken, wenn sie selbst andere diskriminierten. „Die neuesten Erhebungen der EKD zeigen, dass gläubige Christinnen und Christen weniger zu Rassismus und Ausgrenzung neigen“, sagt die Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Ursula Schoen. „Und doch stehen auch unsere Einrichtungen als Spiegelbild der Gesellschaft durch das immer selbstbewusstere Auftreten von Rechtspopulisten und Antidemokraten zunehmend unter Druck.“

Mittlerweile gibt es im Bereich der Diakonie deswegen rund 70 Demokratieberater wie Ralf Zimmermann. Und dass ihnen die Arbeit irgendwann ausgeht, steht wohl vorläufig nicht zu erwarten.

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