
© Thilo Rückeis
Brandenburg: Kein Abflug nach dem Konzert?
Stars bleiben am BER am Boden. Profitieren werden andere
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Schönefeld - Prominente halten sich nicht immer an die Flugpläne der Luftverkehrsgesellschaften. Stars aus dem Showgeschäft, Spitzensportler oder auch Top-Manager mieten sich schon mal einen Privatjet. Die meisten Flüge werden wegen der Engpässe in Tegel schon heute in Schönefeld abgefertigt. Anders als im Linienverkehr bereitet das mit der Eröffnung des Flughafens einsetzende Nachtflugverbot der Branche große Probleme.
Sieben von 100 Flugzeugen, die auf den Berliner Flughäfen starten und landen, gehören zur Allgemeinen Luftfahrt. International als General Aviation bezeichnet, werden unter diesem Begriff Privat- und Geschäftsflugzeuge zusammengefasst. In Tegel ist deren Anteil wegen der Kapazitätsgrenzen gering, wegen fehlender Abstellplätze müssen die Maschinen nach dem Absetzen der Passagiere gelegentlich zum Parken nach Schönefeld geflogen werden. In Schönefeld sind es 12 000 bis 13 000 Starts und Landungen pro Jahr, so Flughafensprecher Leif Erichsen. Und es werden immer mehr. Zugleich werden die Flugzeuge größer. Längst dominieren auch hier die Businessjets, verzeichnet man neben Promis auch „immer mehr Vorstandsverkehr“ der Konzerne. Dagegen ist am künftigen Flughafen für die kleinen Privatflieger kein Platz mehr. Sie wurden auf die umliegenden Verkehrslandeplätze wie Schönhagen und Strausberg verdrängt.
Im bisherigen Nordteil des Flughafens Schönefeld, gleich neben den alten Wartungshangars rechts von der Zufahrt zum neuen Terminal, betreibt die Schweizer Execujet-Gruppe für den Flughafen das General Aviation Terminal, kurz: GAT. Auf zwei Etagen befinden sich hier auf 400 Quadratmetern Lounges und Konferenzräume sowie je ein Aufenthalts- und Flugvorbereitungsraum für die Besatzungen. Für die meist eiligen Reisenden gibt es kurze Wege zwischen der Vorfahrt und den direkt vor dem Gebäude parkenden Flugzeugen. Dazu gehören auch ein eigener Schlepp- und Betankungsservice.
Eine Erweiterung zur BER-Eröffnung ist nicht vorgesehen und auch nicht notwendig, sagt Execujet-Berlin-Chefin Sigrun Leidel. Schon heute werden monatlich bis zu 500 Flugzeuge am GAT abgefertigt, von der kleinen Cessna bis zu den luxuriösen Boeings und Airbussen, die manche Scheichs und Oligarchen ihr Eigen nennen. Da seien die fünf bis zehn täglichen Flüge, die man zusätzlich durch die Schließung von Tegel erwartet, leicht zu verkraften. Besonders hochrangige Persönlichkeiten umgehen außerdem das Terminal und werden von Limousinen direkt am Flugzeug abgeholt. Die Abfertigung mit dem GAT ist „schnell und unkompliziert“, lobt Alexander Hertle, General Manager beim weltweit tätigen Flugvermittler Air Charter Service (ACS), zu dessen Kunden viele Berühmtheiten zählen. Doch das künftige Nachtflugverbot von 23.30 bis 5.30 Uhr sei „eine Katastrophe“ für die Branche – und auch für Berlin. Die meisten Showstars wollen nach ihren Auftritten gleich zum nächsten Tourneeort fliegen und erst dort schlafen. Da die Konzerte aber oft erst nach 23 Uhr enden, könnten sie mit ihren Charterjets dann aber nicht mehr in Berlin starten. Hertle berichtet auch von DJs: Spitzen-Diskjockeys, die an einem Tag bis zu drei Gigs in verschiedenen Städten absolvieren. Einen dieser DJs musste er kürzlich um 1.30 Uhr von Zürich zum nächsten Auftritt um 3 Uhr früh in Wien transportieren.
So etwas wird für eine Klientel, der Zeit wichtiger als Geld ist, in Berlin künftig nicht mehr möglich sein, klagt Hertl. Profitieren könnten davon andere Flughäfen wie Schwerin-Parchim oder Magdeburg-Cochstedt, die keine zwei Autostunden entfernt liegen und kein Nachtflugverbot kennen. Denn die Promis nehmen lieber eine längere Anfahrt zum Airport in Kauf, als dass sie erst am nächsten Morgen fliegen. Auch während der Fußball-EM kann das zum Problem werden: denn die vielen Charterflüge werden nach den Spielen in Polen oder der Ukraine in Berlin weder starten noch landen können. „Berlin verliert damit bei den Prominenten seine Wettbewerbsfähigkeit“, so Hertle.
Rainer W. During
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