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Brandenburg: „Kein Allheilmittel“

Brandenburgs Rechnungshofspräsident Weiser zu Bauvorhaben in öffentlich-privater Partnerschaft

Stand:

Herr Weiser, auch in Brandenburg will das Bundesverkehrsministerium den Bau eines Autobahnabschnitts über öffentlich-private Partnerschaft finanzieren, weil der Bund kein Geld für die Investition hat und sparen will. Wie beurteilen Sie das Projekt?

Die Präsidentenkonferenz der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben sich bereits zwei Mal mit ÖPP-Projekten befasst. Dies geschah zuletzt in ihrem Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von alternativen Bau- und Finanzierungsmodellen 2011. Dessen Aussagen basieren auf den Ergebnissen von insgesamt dreißig geprüften ÖPP-Projekten in acht Bundesländern. Danach wurden folgende, aus Sicht der Rechnungshöfe wesentliche Grundsätze nicht ausreichend beachtet: Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projektes wurde nicht in jedem Einzelfall und für seine gesamte Laufzeit, also über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg, geprüft. Es wurden auch solche Vorhaben realisiert, die sich die öffentliche Hand in konventioneller Bau- und Finanzierungsweise nicht hätte leisten können. Es wurde nicht transparent, dass die Zahlungsverpflichtungen aus den Projektverträgen an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten treten und künftige öffentliche Haushalte dadurch in gleicher oder ähnlicher Weise belastet werden. Sollten all diese Grundsätze ausreichend Berücksichtigung finden, ist und bleibt ÖPP eine wertneutrale Beschaffungsvariante.

Bundesverkehrsminister Dobrindt beklagt, ohne Investitionen über ÖPP in die Straßeninfrastruktur entstünde volkswirtschaftlichen Schaden. Inwiefern trifft das zu?

Richtig ist, dass unterlassene Investitionen in die öffentliche Infrastruktur für die öffentlichen Haushalte ebenso ein Risiko darstellen, wie die öffentliche Verschuldung. Falsch ist, dass diese Risiken nur mit Hilfe von ÖPP oder ähnlicher Modelle vermindert werden können.

Es scheint, wir befinden uns in einer Zwickmühle: Einerseits mahnen die Rechnungshöfe Haushaltsdisziplin an, andererseits fordern sie höhere Investitionen in die maroden Straßen. Wo ist der Ausweg?

In der Tat befinden sich die politischen Entscheidungsträger in einer Zwickmühle. Die Präsidentenkonferenz der Rechnungshöfe sieht dieses Dilemma durchaus und schlägt vor, die Struktur der öffentlichen Haushalte in Bund und Ländern mit Blick auf die konsumtiven Ausgaben anzupassen. Es geht schlichtweg um eine Prioritätensetzung.

Herr Dobrindt versucht Kritik an ÖPP damit zu entkräften, dass es sich um eine neue Generation von ÖPP handle. Nicht das Verkehrsaufkommen zählt, sondern mehr Geld für schnelleren und besseren Bau, weniger für Sperrungen und Reparaturen. Können Sie dem folgen?

Es ist immer zu begrüßen, wenn sich die Politik Gedanken macht, wie bislang bekannte Bau- und Finanzierungsmodelle optimiert werden können. An den grundsätzlichen Anforderungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit solcher Projekte dürfte dies allerdings nichts ändern.

Die Generation unserer Kinder wird sich sicherlich bedanken dafür, dass ihre Steuern in Autobahnen fließen, die längst gebaut sind. Wie nachhaltig und Generationenwechsel ist ÖPP?

Richtig ist, dass ÖPP-Projekte meistens über mindestens eine Generation hinweg finanziert werden müssen. Daher ist es umso wichtiger, dass künftige Generationen durch alternativ finanzierte Maßnahmen nicht mit höheren Ausgaben belastet werden.

Kann ÖPP überhaupt funktionieren in Zeiten niedrigster Zinsen? Investoren werden eine auskömmliche Rendite verlangen, wie soll es da günstiger gehen als Straßenbau in Staatshand.

Das derzeit niedrige Zinsniveau spricht für sich genommen nicht für eine konventionelle Finanzierung, denn die öffentliche Hand kann sich im Vergleich zu Privatinvestoren auch bei einem höheren Zinsniveau günstiger finanzieren. Das ist aber der Grund, warum an die Realisierung einer Baumaßnahme durch ÖPP besonders hohe Anforderungen zu stellen sind, denn die Privaten müssen die höheren Finanzierungskosten erst erwirtschaften.

Die Erfahrung in Brandenburg zeigt, dass die erwartete Ersparnis von ÖPP-Bauten nicht eintrat, im Gegenteil, sie selbst sitzen im neuen Landtagsbau, auch dabei gab es Probleme. Man fragt sich, warum überhaupt noch ÖPP. Sagen Sie es uns?

Weil die Präsidentenkonferenz der Rechnungshöfe ÖPP grundsätzlich als wertneutrale Beschaffungsvariante bewertet. Das bedeutet, dass eine solche Finanzierung in Einzelfällen auch vorteilhaft sein kann. ÖPP-Projekte sind allerdings kein Allheilmittel und auch kein Selbstläufer. Zudem warnen die Rechnungshöfe ausdrücklich davor, dass alternative Bau- und Finanzierungsmodelle zur Umgehung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse genutzt werden.

Die Fragen stellte Alexander Fröhlich

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