Von Carsten Brönstrup und Klaus Kurpjuweit: Keine Garantie für stabiles Notprogramm Bahn-Chaos: Tagung der Verkehrsminister
Berlin/Potsdam - Auf neun Seiten hat die S-Bahn der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge- Reyer (SPD) mitgeteilt, wie das Unternehmen aus der Krise fahren will. Das nach einem Ultimatum am Mittwoch eingetroffene Schreiben sollte am Abend von einer Arbeitsgruppe im Haus analysiert werden, sagte Behördensprecher Mathias Gille.
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Berlin/Potsdam - Auf neun Seiten hat die S-Bahn der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge- Reyer (SPD) mitgeteilt, wie das Unternehmen aus der Krise fahren will. Das nach einem Ultimatum am Mittwoch eingetroffene Schreiben sollte am Abend von einer Arbeitsgruppe im Haus analysiert werden, sagte Behördensprecher Mathias Gille. Am heutigen Donnerstag will die Senatorin erklären, welche Schlüsse sie aus dem Ergebnis zieht. Erleichtert reagiere sie auf die Mitteilung der S-Bahn, von heute an wieder auf allen Strecken fahren zu wollen. Hier sei der politische Druck erfolgreich gewesen, sagte Gille.
Eine Garantie, dass das immer noch als Notprogramm geltende Angebot nun stabil bleiben werde, will man bei der S-Bahn allerdings nicht geben. Knapp 300 Doppelwagen seien dafür erforderlich, am Mittwoch konnten rund 280 eingesetzt werden. Den Ersatzverkehr mit Regionalbahnen zwischen Spandau und dem Hauptbahnhof sowie von Karow nach Gesundbrunnen will die S-Bahn zumindest bis Ende Januar anbieten. Bei der BVG hat sie den Zusatzverkehr abbestellt; die BVG, die dem Frieden noch nicht traut, will das verstärkte Angebot in eigener Regie vorläufig beibehalten. Auch wenn jetzt wieder alle Strecken befahren werden, bleibt es auf den meisten Linien beim 20-Minuten-Takt. Weil die Bahnen auch weiter mit unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten fahren müssen, bleiben auch die häufigen Verspätungen, über die Fahrgäste häufig nur unzureichend informiert werden. Auch Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle kritisierte am Mittwoch das Krisenmanagement der S-Bahn. Man habe im Herbst „etwas zu laut den Mund aufgemacht“, was die Verfügbarkeit der Fahrzeuge betreffe, sagte er. Das Einfrieren von Weichen nannte Scheurle „absolut vermeidbar“. Zugleich kritisierte der Politiker die Fahrpreiserhöhung im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) zum 1. Januar.
Der Senat will noch im Frühling entscheiden, wer den Betrieb nach Auslaufen des Verkehrsvertrags mit dem Land ab Mitte Dezember 2017 übernehmen soll. Die Koalitionsparteien SPD und Linke haben sich dafür ausgesprochen, die BVG an Bord zu holen. Junge-Reyer dagegen liebäugelt mit einer Ausschreibung, auf die sich die S-Bahn und Konkurrenten der Bahn bewerben könnten. Der SPD-Fraktionsvorstand kann sich vorstellen, schon jetzt alle Zahlungen an die S-Bahn einzustellen. Offen ist, ob die S-Bahn als Entschuldigung für ausgefallene und verspätete Fahrten in diesem Winter eine weitere Entschädigungsrunde anbieten wird. Junge-Reyer hatte erneut zwei Monate Freifahrten gefordert.
Die Winterprobleme bei der Deutschen Bahn sind kommende Woche auch Thema bei einer Sondertagung der Verkehrsminister. Über die „erheblichen Qualitätsmängel“ im Nah- und Fernverkehr werde am Montag auf einer außerplanmäßigen Verkehrsministerkonferenz (VMK) in Berlin geredet, sagte der VMK-Vorsitzende und brandenburgische Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Mittwoch in Potsdam. Eingeladen sei auch Bahnchef Rüdiger Grube. Mit Blick auf das S-Bahn-Chaos sagte Vogelsänger: „Die Situation hat eine Dramatik erreicht, die einfach nicht mehr hinnehmbar ist.“
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