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Ohne Lizenz? Zufahrt zum Hof des Bestattungsfuhrunternehmens.

© dpa

Hoppegarten: Keine Spur von gestohlenen Leichen

Fahrzeug-Diebe kannten Ladung offenbar nicht. Fahrdienst fehlte vermutlich notwendige Lizenz. Angehörige können kaum auf Schadenersatz hoffen

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Hoppegarten - Der in einem Gewerbegebiet in Hoppegarten (Märkisch-Oderland) gestohlene Transporter mit zwölf Leichen blieb auch am Donnerstag verschwunden. „Es gibt leider keine heiße Spur“, sagte Michael Neff von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder). „Meldungen, wonach das Fahrzeug in der Nähe der Stadt Posen entdeckt wurde, treffen leider nicht zu.“ Dort habe die Polizei lediglich eines der insgesamt drei zwischen Sonntagabend und Montagmorgen entwendeten Fahrzeuge entdeckt. Der Kleintransporter mit den Leichen bleibe unauffindbar. Staatsanwaltschaft und Polizei gehen davon aus, dass die Diebe nicht erkannt hatten, dass in den Kisten im Transportraum Leichen lagen. Die Toten – acht aus Berlin und vier aus Brandenburg – sollten in ein Krematorium nach Meißen gebracht werden.

„Wir ermitteln wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall“, sagte Staatsanwalt Neff. „Denn nach Angaben der geschädigten Firma waren die Türen verschlossen. Die Wegfahrsperre soll funktioniert haben.“ Falls es zu einer Anklage komme, würde möglicherweise der Tatbestand „Störung der Totenruhe“ noch dazukommen. Nach wie vor unklar ist, wie lange sich die Leichen in dem Fahrzeug im Gewerbegebiet befunden hatten. Das werde noch geprüft, hieß es vom Staatsanwalt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das beladene Auto die ganze Nacht dort gestanden hat.

Die Hinterbliebenen erfuhren bereits am Montag von der Polizei Details über den Diebstahl. Deshalb wurde die erste Polizeimeldung über den in der bisherigen Kriminalgeschichte von Berlin und Brandenburg einmaligen Fall erst am Mittwoch veröffentlicht. Inzwischen baten die betroffenen Bestattungsunternehmer die Familienangehörigen um die Abgabe persönlicher Gegenstände der Verstorbenen. Diese sollen bei der Identifizierung mittels DNA-Proben helfen, falls die Leichen überhaupt gefunden werden.

Ansprüche gegen die Bestatter können die Hinterbliebenen wohl nicht geltend machen. „Es gibt keinen Schadensersatzanspruch, weil der Wert eines Menschen nicht bemessen werden kann“, sagte der Obermeister der Bestattungsinnung Berlin-Brandenburg, Rüdiger Kußerow. „So sind jedenfalls unsere Erfahrungen beim Verlust von Urnen auf dem Postweg.“ Andererseits könnten die Hinterbliebenen geleistete Zahlungen für die Urnenbestattung zurückverlangen, falls diese nicht mehr möglich wäre. Und sollten die Verstorbenen nicht wiedergefunden werden, sei eine Beerdigung eigentlich unmöglich, meinte der Obermeister. „Denkbar wäre eine gemeinsame Gedenkfeier für alle.“ Allerdings habe er auch noch nie davon gehört, dass irgendwo in Deutschland Leichen geklaut worden seien, räumte der Innungschef ein. Die Umstände des Falles seien jedenfalls äußerst bedrückend.

Dazu gehört nicht zuletzt die Ausstattung der Fahrzeuge. In Deutschland gibt es eine „DIN-Norm für Bestattungskraftfahrzeuge“, die strenge Anforderungen an einen pietätvollen Transport stellen. Erst dann erteilt der Bundesverband Deutscher Bestatter eine Lizenz. Eine solche Zulassung soll die Firma aus Hoppegarten nicht besessen haben. „Das wäre dann ein Vergehen, das man ahnden müsste“, forderte Rüdiger Kußerow. Nach Einschätzung von Staatsanwalt Neff wäre die Beförderung von Leichen ohne ein dafür zugelassenes Fahrzeug jedoch keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit.

Bekannt ist der Betrieb aus Hoppegarten in der Innung nicht. Zumindest sei das Unternehmen kein Mitglied, berichtete Kußerow. „Es soll sich um einen Billig-Subunternehmer handeln“, sagte der Obermeister. Offiziell fungiert der Betrieb als „Fahrdienst“ im Auftrag mehrerer Bestattungsunternehmer, die Leichen wegen der niedrigen Kosten außerhalb von Berlin und Brandenburg verbrennen lassen. „In unsere Bestattungskraftwagen passen vier Särge“, so Kußerow. „Der Transport von zwölf Leichen widerspricht jeder Norm.“ Dass solche Methoden überhaupt angewandt werden, sei wohl dem gestiegenen Preisdruck der Branche geschuldet.

Nach den Dieben fahnde die polnische Polizei inzwischen mit höchster Priorität“, sagte Neff . „Wir können uns auf die ausgezeichnete Zusammenarbeit verlassen und hoffen auf einen raschen Ermittlungserfolg.“

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