Brandenburg: „Keinerlei Reflexion beim Präsidenten“
CDU-Fraktion betrachtet Streit um Äußerungen von Fritsch zur Enquetekommission trotzdem als erledigt
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Potsdam - Der Streit um Äußerungen des brandenburgischen Landtagspräsidenten zur Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung wird nun das Parlamentspräsidium beschäftigen. Auf Antrag der Grünen-Fraktion soll das Gremium prüfen, wie mit dem Ergebnis eines Gutachtens des Parlamentarischen Dienstes umzugehen sei, wonach Fritsch seine Neutralitätspflicht verletzt hat. Ziel der Grünen ist es, dass Fritschs Verhalten gegenüber der Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung durch den Landtag offiziell missbilligt wird. Nach Ansicht der Grünen hat das Gutachten bestätigt, dass Fritsch gegen seine Amtspflichten verstoßen hat, da er sich nicht parteipolitisch neutral verhalten habe.
Die CDU-Fraktion dagegen will nach einem Gespräch mit dem Landtagspräsidenten am gestrigen Dienstag keine weiteren Schritte einleiten. „Das wäre Spiegelfechterei“, sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. „Wir sind uns nicht richtig einig geworden. Die Sache ist zwar nicht bereinigt, aber als Thema erledigt.“ Fritsch sei weiterhin der Auffassung, dass er sich richtig und den Anforderung an das Amt entsprechend verhalten habe.
Wie berichtet hatte sich Fritsch im Juli bei der Vorstellung eines Buch über die Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung abfällig über das Gremium und die Motivation der Opposition zu dessen Einsetzung 2010 geäußert. Zu dem Buch, eine polemische Abrechnung mit der Kommission und der Opposition, hatte Fritsch auch das Vorwort geschrieben, etwa: „Ja, man kann die Dinge auch so sehen.“ In dem Buch wird der Kommission „Gesinnungsschnüffelei“ vorgeworfen – und dass sie „in der Tradition der katholischen Inquisition“ stehe. Zudem werden in den Buch die Oppositionsvertreter in der Kommission mit einer „besonders rabiaten Agitprop-Truppe“ verglichen. Nach Einschätzung des Parlamentarischen Beratungsdienstes hat sich Fritsch damit „parteipolitisch nicht neutral verhalten“, sondern „sich deutlich einseitig zuungunsten“ der Fraktionen von CDU, FDP und Grünen geäußert. Ob Fritsch damit auch seine Amtspflichten verletzt hat, ließ das 20-seitige Gutachen allerdings offen. Diese politische Bewertung, ob Frisch „das von einem Parlamentspräsidenten an sich verlangte parteipolitische Mäßigungsgebot gewahrt hat“, sei Sache des Landtags selbst. Der Landtag könne eine Missbilligung aussprechen oder den Präsidenten – im Extremfall – abwählen.
CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski sagte, das Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes habe „keinerlei Reflexion beim Präsidenten ausgelöst“. Fritsch habe sich unwillig gezeigt. „Das haben wir mit Unverständnis zur Kenntnis genommen“, so Dombrowski. Die CDU-Fraktion kritisierte auch die sonstige Amtsführung des Landtagspräsidenten und zweifelt an dessen Unparteilichkeit bei Plenarsitzungen. Dies sei erkennbar an den von Fritsch verhängten Restriktionen gegenüber der CDU-Fraktion und den Kommentaren zu Redebeiträgen der Abgeordneten, „die ihm nicht zustehen“. Wenn Fritsch sich derart äußern wolle, „muss er sich in seine Fraktion setzen“. Und wenn Finanzminister Helmuth Markov (Linke) „pöbelt, dann hat er ihn zur Ordnung zu rufen“.
Irritationen lösten am Dienstag auch die Linksfraktion und Vize-Landtagspräsidentin Gerrit Große aus. Die Linke wählte Große zur neuen stellvertretenden Fraktionschefin. Dies war notwendig geworden, weil Kornelia Wehlan jetzt Landrätin in Teltow-Fläming ist. CDU-Fraktionschef Dombrowski kritisierte, wer eine Führungsaufgabe in einer Fraktion übernehme, von dem könne als Vize-Parlamentspräsident kein parteipolitisch neutrales Verhalten erwartet werden. Diese Personalentscheidungen der Linksfraktion hätten daher einen „Webfehler“. Auch der Koalitionspartner der Linken zeigte sich überrascht.
SPD-Fraktionschef Klaus Ness hielt sich dennoch mit offener Kritik zurück. „Ich glaube, die Linke wäre besser beraten gewesen, wenn sie eine andere Entscheidung getroffen hätte“, sagte Ness. Große habe ihr Amt bisher neutral geführt. „Ich gehe davon aus, dass sie das auch weiterhin tun wird.“ Die Entscheidung der Linksfraktion müsse keine Belastung sein, „das muss sie mit sich selbst ausmachen“. Bereits bei Großes Wahl zur Bildungsexpertin ihrer Fraktion hatte es bei der SPD Unmut gegeben – was aber auch daran lag, das Große als Bildungspolitikerin äußerst profiliert ist.
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel dagegen hat keine Probleme mit Großes Doppelrolle. „Wir schätzen Frau Große sehr, als Parlamentsvizepräsidentin und als bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion“, sagte Vogel. Große sei in der Lage, deutlich zu machen, in welcher Funktion sie agiert.
Große selbst sagte, sie halte ihre Wahl zu Fraktionsvizechefin vereinbar mit dem Neutralitätsgebot. Innerhalb des Führungsteams der Fraktion habe sie keine besondere Rolle. „Ich habe keine herausgehobene Funktion, nur ein Stückchen mehr Arbeit“, sagte sie. Sie habe sich als Vizepräsidentin neutral verhalten. „Ich habe in den vergangenen Jahren gezeigt, dass ich das machen kann. Ich sehe da keine Konfliktlage.“
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