Von Hannes Heine und Christoph Spangenberg: Kinder in Berliner Klinik missbraucht
Pfleger soll sich auf Intensivstation an Jungen vergangen haben / Selbstmordversuch in U-Haft
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Berlin - Ein Pfleger soll sich im Helios-Klinikum in Berlin-Buch an Kindern im Alter von fünf bis zehn Jahren vergangen haben. Der 27-Jährige habe auf der Kinderintensivstation nach bisherigen Stand mindestens zwei Jungen zum Teil schwer sexuell missbraucht, teilte die Berliner Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Der Verdächtige sitzt seit vergangenem Freitag in Untersuchungshaft. Am Dienstag hatte er versucht sich umzubringen, es bestehe aber keine Lebensgefahr. Bei dem Pfleger seien Handyfilmaufnahmen von Taten gefunden worden.
Ein Neunjähriger hatte sich vergangene Woche seinen Eltern anvertraut, die daraufhin Anzeige erstatteten. Die Ermittlungen sind nicht abgeschlossen, Beamte sprechen von bis zu fünf Betroffenen. Der Kinderpfleger arbeitete seit Oktober vergangenen Jahres auf der Kinderintensivstation. Wann genau er die Taten begangen haben soll, war nicht zu erfahren. Insgesamt könnte er sich an 67 Kindern vergangen haben, so viele Jungen seien seitdem auf der Station gewesen, sagte der Regionalgeschäftsführer von Helios, Armin Engel. Derzeit würden alle potenziell betroffenen Familien angeschrieben.
Wie andere Pfleger auch habe der Verdächtige üblicherweise Medikamente verabreicht, Patienten gewaschen und gefüttert. Zuvor sei er in der hausinternen Schule ausgebildet worden und habe dabei alle Bereiche der Klinik durchlaufen, sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums, Josef Zacher. Man stehe bei der Aufarbeitung am Anfang und wolle externe Experten hinzuziehen. Wie es zu den Taten habe kommen können, sei unklar, schließlich arbeiteten in jeder der drei Schichten zehn Kollegen gleichzeitig auf der Kinderintensivstation, davon drei Ärzte, hieß es aus der Klinik. Die Patienten seien zwischen einem und 16 Jahren alt und lägen in fünf Zimmern mit insgesamt elf Betten. Ob während des Zeitraums, in dem der Verdächtige in der Klinik arbeitete, Zimmer womöglich einzeln belegt gewesen seien, wolle man prüfen. Eigentlich stünden die Zimmertüren immer offen. Pflegern und Ärzten sei der Mann nicht verdächtig erschienen.
Polizisten wollten den Verdächtigen am Freitag zum Schichtende im Krankenhaus festnehmen, er war jedoch schon auf dem Heimweg von der Nachtschicht. Beamte durchsuchten seinen Dienstschrank, erst an diesem Tag hatte die Klinik von den Vorwürfen erfahren. Dem Verdächtigen habe man per Einschreiben sofort gekündigt.
Michael Krenz, der Präsident der Psychotherapeutenkammer Berlin, sagte dieser Zeitung: „Für Pädophile können Einrichtungen, in denen jüngere oder schwächere Menschen von ihnen abhängig sind, besonders attraktiv sein.“ Dass sie ihre Taten filmten, sei nicht ungewöhnlich, das Dokumentieren könne genauso zur krankhaften Neigung gehören wie das Nacherlebenwollen. Sollten es bei psychotherapeutischen Sitzungen zu verdächtigen Vorkommnissen kommen, könnten sich Betroffene auch anonym an die Ombudsstelle der Kammer wenden.
Missbrauch in Berliner Kliniken wird nicht das erste Mal bekannt. In diesem Jahr ist ein Pfleger der Charité zu zwei Jahren Haft wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses verurteilt worden. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, der Mann musste je 5000 Euro Schmerzensgeld an zwei junge Frauen zahlen. Auf dem Steglitzer Campus der Universitätsklinik war er in der Psychiatrie tätig und hatte dort mindestens zwei Patientinnen sexuell missbraucht. Dem Angeklagten habe Erfahrung mit psychisch Kranken und professionelle Distanz gefehlt, erklärte der Richter.
Für Eltern hat das Helios-Klinikum unter der Telefonnummer 030/940154444 zwischen 8 und 20 Uhr eine Hotline eingerichtet. Die Polizei ist dazu von 8 bis 15 Uhr unter 030/4664 913100 zu erreichen.
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