Von Alexander Fröhlich: „Kleine DDR“ gegen freie Schulen
Die rot-rote Landesregierung will sparen – die Kirchenstiftungen legen ihre Pläne für neue Schulen auf Eis
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Potsdam - Es war alles gut geplant, 2012 sollte in Oranienburg eine evangelische Grundschule eröffnen. „Wir haben bei den Eltern herumgefragt, der Zettel war schnell voll“, sagt Christa Jass. Sie leitet den evangelischen Kindergarten, 40 Kinder werden dort betreut. Sogar das Rathaus rechnete fest mit der neuen Grundschule in Oranienburg, wo mehr als 30 000 Einwohner leben. Denn es herrscht Platzmangel an den staatlichen Schulen.
Doch nun zog die evangelische Hoffbauer-Stiftung, die Grundschulen und Gymnasien in Potsdam, Kleinmachnow, Mahlow und Bernau unterhält, die Reißleine. Alle Pläne zur Gründung freier Schulen im Land wurden gestoppt. Das betrifft Oranienburg, wo drei Kirchengemeinden und der Kirchenkreis mit 150 000 Euro hinter dem Projekt stehen, und Mahlow-Blankenfelde. Auch die Schulstiftung der evangelischen Kirche hat alle Vorhaben gestoppt, die Eltern-Initiativen in Schönefeld und Cottbus werden im Sommer 2012 keine Schule eröffnen können.
Grund sind die Sparpläne der rot-roten Landesregierung. Wegen teurer Versprechen für mehr Kita-Erzieher und mehr Lehrer und drastischer Vorgaben des Finanzministeriums soll nun bei den Freien Schulen gespart werden. Henning Schluss, der den evangelischen Schulverein in Oranienburg leitet und als Bildungswissenschaftler an der Universität Wien tätig ist, findet dafür nur noch drastische Worte: „Rot-Rot setzt auf Rückverstaatlichung des Bildungswesens und legt es darauf an, das vom Grundgesetz verbürgte Recht auf Gründung von Schulen in freier Trägerschaft systematisch auszuhöhlen, indem freie Schulen unbezahlbar werden.“ In der Bildung werde Brandenburg damit immer mehr zur „kleinen DDR“.
Hoffbauer-Vorstandschef Frank Hohn spricht von einer „wirklichen Katastrophe“, das von Martina Münch (SPD) geführte Bildungsministerium vollziehe einen Systemwechsel bei der Finanzierung freier Schulen. Es drohe ein Einschnitt von bis zu zwanzig Prozent, heißt es bei der Arbeitsgemeinschaft.
Dabei sind die Landesgelder für freie Schulen bereits stufenweise gesenkt worden. 2003 bekamen sie 97 Prozent der Personalkosten, die staatlichen Schulen zustehen. Seit 2006 sind es nur noch 94 Prozent. „Weil wir aber davon auch Sachkosten bezahlen müssen, sind das real nur 64 Prozent unserer Kosten, der Rest kommt von den Elternbeiträgen“, sagt Iris Stegmann, Sprecherin der evangelischen Schulstiftung. „Aber es sind eben auch Brandenburger Kinder, für die die Landesregierung Verantwortung trägt.“
Die beiden konfessionellen Schulträger, aber auch die Arbeitsgemeinschaft Freie Schulen warnen nun, besonders kleine Einrichtungen in den dünn besiedelten Weiten des Landes werden wegen der steigenden Kosten und sinkender Landeszuschüsse schließen müssen. „Entweder wir erhöhen die Elternbeiträge oder sparen am Personal, das kann niemand wollen“, sagt Henning Schluss.
Bei den Schulträgern und den vielen Elterninitiativen wächst der Unmut. Die Lage ist so dramatisch, dass ein Bündnis aus paritätischem Wohlfahrtsverband, der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen und Vereinen Anfang Mai eine Volksinitiative „Freie Schulen“ startet.
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