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Brandenburg: Klimaschutz: Platzeck bleibt hinter Stolpe zurück

Klimaschutzziele sollen erst zehn Jahre später erfüllt werden / Energiestrategie: Wirtschaftsminister erfüllt Landtagsbeschluss nicht

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Potsdam - Brandenburgs Landesregierung fällt beim Klimaschutz selbst hinter die Ziele der früheren Stolpe-Regierungen zurück. Das geht aus den von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) jetzt vorgelegten ersten „Eckpunkten“ für die neue Energiestrategie 2020 hervor, die das Platzeck-Kabinett gestern grundsätzlich billigte. Die Landesregierung will danach den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxides nun erst bis 2020 auf 54,6 Millionen Tonnen senken. Wie Junghanns auf einer Pressekonferenz bestätigte, würde Brandenburg damit erst zehn Jahre später das Ziel der bisherigen Energiestrategie erreichen. Diese sah noch – 1996 und 2001 beschlossen – bis 2010 eine Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen auf 53 Millionen Tonnen vor. Sie sollte nicht zuletzt wegen der Klimaschutzerfordernisse - Brandenburg gehört wegen der Braunkohlekraftwerke zu den Bundesländern mit den höchsten Kohlendioxid-Emissionen - jetzt erneuert und verschärft werden. Die neuen Ziele seien realistischer, sagte Junghanns nun. Grund des Aufschubs sei das unerwartet starke Wirtschaftswachstum, was zu höheren Emissionen führe. Derzeit werden im Land jährlich rund 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen, wobei das Gros davon – nämlich rund 40 Millionen Tonnen – aus den Lausitzer Braunkohlekraftwerken kommt. Nach den Energie-Eckpunkten will sich die Regierung auch langfristig zur heimischen Braunkohle bekennen. „Zu Stabilität der Energieversorgung wird Brandenburg seinen Anteil Braunkohleverstromung am gesamtdeutschen Energiemix beibehalten“, heißt es darin. Allerdings sollen klimaverträglichere Braunkohle-Technologien ausgeweitet werden.

Eigentlich sollte Junghanns die neue Energiestrategie – entsprechend eines Landtagsbeschlusses – bereits bis Jahresende vorlegen, was sein Ministerium jedoch nicht schaffte. Als neuer Termin ist Ende März 2008 vorgesehen. Deshalb wurden dem Kabinett nur erste Eckpunkte vorgelegt. Die Verzögerung, aber auch der unausgegorene Vorbereitungsstand sorgte dort nach PNN-Recherchen für Kontroversen. Nach dem Junghanns-Papier soll der Anteil der erneuerbaren Energien im Primärenergieverbrauch bis 2020 auf 20 Prozent steigen. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) äußerte sich dem Vernehmen irritiert, dass die konkreten Konsequenzen dieser Zielstellung – etwa die drohende Konkurrenz um Böden zwischen Energie- und Landwirtschaft in Brandenburg – noch nicht hinreichend untersucht wurden. Es wäre, heißt es in den Eckpunkten lediglich, „bei Windenergie, Photovoltaik, und Biomasse mit einer zusätzlichen Flächen-Inanspruchnahme verbunden“. Bislang ist das Umweltministerium etwa bei der Genehmigung von Windparks sehr rigide. Das Kabinett verständigte sich dem Vernehmen nach auf eine grundsätzlich Linie, dass Landwirtschaft Priorität vor der Land-Nutzung für Biomasse-Felder, Windparks oder Photovoltaik-Parks haben müsse. Die neuen Energie-Ziele der Platzeck-Regierung bergen Zündstoff. „Ein Rückschritt wird als Fortschritt verkauft“, sagte Grünen-Landeschef Axel Vogel. Die Linkspartei nannte die „Rolle rückwärts nicht nachvollziehbar“. Eine Landes-Energiestrategie dürfe „sich nicht den Unternehmensplanungen von Vattenfall anpassen“.

Wie berichtet, will Vattenfall in den nächsten Jahrzehnten in der Lausitz drei Tagebaue aufgraben, denen mehrere Dörfer mit rund 2500 Einwohnern weichen sollen.

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