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Von Alexander Fröhlich: Klimawandel versalzt das Grundwasser

Landesbehörde errichtet Frühwarnsystem / Stechlinsee wurde Pilotprojekt der Untersuchung

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Neuglobsow - Wegen des Klimawandels droht das Grundwasser in Brandenburg zu versalzen. Mit einem Frühwarnsystem will das Landesamt für Bergbau und Geologie Schlimmeres verhindern.

Seit dieser Woche steht am Großen Stechlinsee (Oberhavel) im Norden Brandenburgs eine Messstelle, es ist die zweite im Land, weitere sollen folgen, Brandenburg in den nächsten Jahren mit einem Messnetz überzogen werden. „Es wird installiert, um Veränderungen im Grundwasser rechtzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, sagt Uwe Kaboth, Hydrogeologe vom Landesbergamt. Die Behörde befürchtet gravierende Veränderungen. Denn nach bisherigen Prognosen von Klimaforschern gehen die Niederschläge im Land um bis zu 30 Prozent bis ins Jahr 2050 rapide zurück, es bildet sich weniger Grundwasser nach. Dadurch drückt salziges in das süße Grundwasser. Versorger könnten dann kein Trinkwasser mehr fördern. „Es gibt Wasserwerke, die schon jetzt Probleme damit haben“, sagt Kaboth.

Am Südostufer des Stechlinsees hat eine Brunnenbaufirma seit Anfang Oktober mit schwerer Technik tief in den Untergrund gebohrt. Bei 252 Metern fanden sie den sogenannten Rupelton, eine mehrere Meter dicke Sedimentschicht, die das Grundwasser von extrem salzhaltigen Salinarwässern trennt. Der Rupelton ist 35 Millionen Jahre alt und hat sich dort abgelagert, als der Norden Deutschlands noch von einem Meer bedeckt war, aus einer Zeit also, „als hier noch Haifische im Wasser schwammen“.

Nun steigt die Gefahr, dass das Süßwasser versalzen wird. Kaboth zufolge liegt der Chloridgehalt in den Salinarschichten bei 100 000 Milligramm je Liter, mehr als im Toten Meer. Im Süßwasser im Stechlin – dem größten Klarwassersee Norddeutschlands – sind es 10 bis 20 Milligramm, bei Trinkwasser gilt ein Grenzwert von 250 Milligramm.

„Die Trennschicht hat Rinnen und Löcher, hervorgerufen auch durch die Eiszeit. An den Fehlstellen steigt Salzwasser in den Süßwasserbereich auf“, sagt Kaboth. „Das ist natürlich eine Gefahr für Gewässer, Pflanzen und Wasserwerke.“ Der Klimawandel dürfte das Risiko verschärfen. Noch funktioniert der unterirdische Druckausgleich. Bleibt der Regen aber aus, gibt es weniger Süßwasser im Untergrund, auf der Salinarschicht lastet ein geringerer Druck, Salzwasser steigt einfacher auf. „Das ist ein sehr langsamer Prozess. Um das beurteilen zu können, haben wir das Pilotprojekt initiiert.“

Am Stechlin sollen nun aus den 170, 80 und 30 Meter tiefen Messstellen mindestens einmal im Jahr Proben entnommen werden. Eine erste am Montag entnommene Referenzprobe wird derzeit im Landeslabor in Kleinmachnow untersucht. „Ende des Jahres liegen erste Ergebnisse vor. Nach meinem ersten Eindruck ist das Wasser noch nicht versalzen“, berichtet Kaboth. Bis es dazu kommt, dürfte es noch dauern. „Das ist ein langsamer Prozess.“ Neben dem Projekt am Stechlinsee gibt es bisher nur ein weiteres im Südwesten des Landes. Wenn die Forscher kleinste Veränderungen feststellen, müssten sie die Wasserversorger im Land rechtzeitig informieren, damit diese reagieren und gegensteuern können. Notfalls müssen sie die Pumpen auch abschalten. Der Mensch beschleunigt derlei Prozesse: Wenn Wasserwerke zu viel Grundwasser fördern, fließt Salzwasser durch den höheren Druck in den Salinarschichten nach.

Der Naturpark am Stechlinsee wurde ausgewählt, weil „es hier keine Schadstoffbeeinflussung durch Menschen“ gibt. „Der Stechlinsee ist ein Referenzobjekt. Alles, was sich dort verändert, hängt mit der Natur zusammen“, erläutert Hydrogeologe Uwe Kaboth.

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