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Brandenburg: Knast und Logis

Noch ist nicht genau klar, was der neue Investor mit dem ehemals zweitgrößten Gefängnis der DDR in Cottbus vorhat / Ein Hotel mit Knast-Image würden Ex-Häftlinge als Verhöhnung empfinden

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Cottbus - In Stockholm ist es bereits möglich: Dort können Touristen schaurige Nächte in einem ehemaligen Gefängnis verbringen. Nur ein Tisch, eine Pritsche und ein Hocker stehen dem Knastgast zur Verfügung. Souvenirs wie schwarz-weiß gestreifte T-Shirts und Anhänger in Form einer Fußkette mit Metallkugel kann man dort erwerben.

In Cottbus wird gerade emsig über ein ähnliches Projekt debattiert. Dort hat der Berliner Investor Uwe Harzdorf fast das gesamte Gelände der ehemaligen Strafvollzugsanstalt gekauft. Seinem Konzept zufolge, das er den Stadtvertretern vorgelegt hat, will er in dem Ex-Knast unter anderem ein Hostel integrieren.

Die Anlage hat deswegen eine gewisse Brisanz, weil dort auch politische Häftlinge des DDR-Regimes unter unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten wurden.

Harzdorf möchte seine Ideen noch nicht genau publik machen. „Ich will damit Geld verdienen“, sagte der Berliner Unternehmer lediglich. Schließlich habe die Anlage auch viel Geld gekostet. „Genaues gebe ich erst bekannt, wenn ich die Genehmigung habe.“

Das kann dauern. Die Stadt Cottbus hat die Planungshoheit über das Grundstück. Am vergangenen Mittwoch setzte der Hauptausschuss der Stadt Cottbus die Zukunft des ehemals zweitgrößten DDR-Gefängnisses zunächst auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. Diese schob das Thema auf die nächsten Woche, dann soll über den Startschuss zum Bebauungsplan entschieden werden.

Dass etwas mit der Immobilie passieren muss, darüber sind sich indes alle einig. „Wir sind natürlich interessiert, dass die brach liegende Fläche genutzt wird“, machte Rathaus-Sprecher Peter Lewandrowski den Standpunkt der Verwaltung klar. Der seit 2002 leer stehende Komplex sei wegen seiner Lage nur zwei Kilometer vom Rathaus entfernt ein interessantes Entwicklungsgebiet. Im Flächennutzungsplan der Stadt sei das Areal als Wohngebiet ausgewiesen.

Deswegen nimmt Lewandrowski auch an, dass das Stadtparlament den Antrag durchwinken wird. Zu den Vorstellungen des Investors konnte er aber auch nichts Genaueres sagen. Stattdessen verweist der Stadtsprecher auf dessen Konzept, das den Stadtverordneten vorgelegt wurde.

Neben dem Hostel will Harzdorf Ateliers, Werkstätten und Gastronomie ermöglichen. In der äußeren Zone des insgesamt 4,8 Hektar großen Grundstücks sollen außerdem „Einrichtungen für altersgerechtes Wohnen mit Betreuung“ entstehen. Mit allen Punkten wird sich die Stadtverwaltung nicht anfreunden können, hieß es von einer Mitarbeiterin des Rathauses, die nicht genannt werden wollte.

Knackpunkt des Ganzen bleibt die Frage, ob und wieweit Harzdorf für den Marketing-Effekt der Herberge das Knast-Image ausnutzt. Eine Horrorvorstellung wäre für Ex-Häftling Siegmar Faust ein Pendant zu der Stockholmer Touristen-Attraktion. Faust ist ehrenamtlicher Geschäftsführer des Vereins „Menschenrechtszentrum“, der sich auf einem von der Stadt erworbenen Teilstück der JVA-Immobilie niedergelassen hat. Der heute 64-Jährige verfasste nach eigenen Angaben zu DDR-Zeiten regimekritische Stücke, zweifelte öffentlich die Menschenrechte im Land an und brachte selbst in der Haft noch eine handschriftliche Gefängniszeitung heraus. Mehr als 400 Tage verbrachte er deswegen in einer Einzelzelle im Keller der Strafvollzugsanstalt Cottbus. „Das letzte, was wir wollen, ist ein Gruselhotel“, sagt Faust. Das könne man in 500 Jahren machen. „Jetzt wäre das eine billige Geschäftsmasche, mit der man die Opfer der DDR-Diktatur aufs Schlimmste verhöhnen würde.“ Uwe Harzdorf versicherte indes seinen Willen zu einem guten Kontakt mit dem Menschenrechtszentrum.

Der Vorsitzende des Menschenrechtsvereins, der CDU Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski, jedenfalls kann dem Hotelplan durchaus etwas abgewinnen. Dombrowski, der 1974/1975 20 Monate in dieser nach dem sächsischen Bautzen zweitgrößten DDR-Haftanstalt für politische Gefangene einsaß, sieht das Positive: „So bleibt die Bausubstanz erhalten und Hotelbesucher können sich das Gefängnis angucken.“

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