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Objekte der Begierde. Neben Geschichten aus dem schwulen Alltag hat Ralf König in seinen Geschichten immer wieder auch klassische, soziale und religiöse Themen verarbeitet. Dem heterosexuellen Publikum wurde er auch durch Beziehungskomödien wie Der bewegte Mann und Wie die Karnickel bekannt. Neben Merchandising-Produkten ist auch die von König entworfene Teddy-Trophäe der Berlinale (o.r.) zu sehen.

© Wolfgang Kumm/dpa, Lars von Törne (2)

Von Lars von Törne: Knollennasen von Welt

Comic-Autor Ralf König wird 50. Das Schwule Museum zeigt zum Jubiläum eine einzigartige Sammlung

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Berlin - Die Bierdeckel mit Safer-Sex- Werbung und die Weinflasche mit dem knollennasigen Bacchus auf dem Etikett sind hübsch anzusehen, auch die schwarze Kondomdose mit dem kecken Plastikkerl oben drauf gefällt Mario Russo gut. Aber der Stolz des Sammlers findet sich in einer Vitrine zwischen König-Zeichnungen: drei gläserne, mit roten Fangzähnen versehene Kondome, die in den 90er Jahren im Gefolge von Ralf Königs Erfolgskomödie „Das Kondom des Grauens“ hergestellt wurden.

Es ist das skurrile Schmuckstück einer Sammlung, die jetzt erstmals umfassend öffentlich zu sehen ist: Am 8. August wird Ralf König 50, bis Oktober ehrt das Schwule Museum den bedeutenden Comic-Autor und Sympathieträger der Schwulenbewegung mit einer Ausstellung unter dem Titel „Ich komm mir vor wie ’ne Witzfigur!“.

Die Merchandising-Objekte mit Königs Figuren, die es neben diversen Originalzeichnungen und Auszügen aus Königs in 16 Sprachen übersetzten Büchern zu sehen gibt, stammen größtenteils aus Mario Russos Sammlung. Der Schweizer Wahlberliner ist seit Jahrzehnten ein Fan des Comic-Autors, rund 3000 König-Objekte hat der 46-Jährige bislang gehortet: Bücher, Videos und Zeitschriften aus aller Welt, T-Shirts und Aschenbecher mit König-Figuren drauf, Tassen, Skulpturen, ein bemalter Kondomautomat und sogar ein in Königs Stil dekorierter Hundenapf.

Der Zeichner selbst sieht die Ehrung zum bevorstehenden Jahrestag eher mit gemischten Gefühlen. „Es ist schon komisch, jetzt plötzlich museumsreif zu sein“, sagte der am Morgen aus seiner Heimatstadt Köln angereiste Künstler beim Rundgang durch die Ausstellung. Der nicht immer leichte Umgang mit dem Altern ist eines der Themen, zu denen in der von Kunsthistoriker Boris von Brauchitsch kuratierten Ausstellung Bilder und Comic-Strecken präsentiert werden. Daneben gibt es Exkurse zur Historie der Knollennase, des Markenzeichens von Königs Figuren, oder zur Religion – einem Thema, dem sich König zuletzt in Bestsellern wie „Archetyp“ und „Prototyp“ vermehrt zuwandte. Vor allem aber illustrieren etliche Bildstrecken die schier endlosen Variationen zwischenmenschlicher, vor allem zwischenmännlicher Beziehungen, die der Zeichner in Büchern wie „Der bewegte Mann“, „Konrad und Paul“ oder „Dschinn Dschinn“ mit leichter Hand satirisch verarbeitet hat.

„Ralf König hat mich seit den 80er Jahren begleitet“, sagt Kurator von Brauchitsch. Eine ganze Generation sei mit ihm groß geworden, König habe es wie kein Zweiter vermocht, den schwulen Alltag auf unterhaltsame Weise zu reflektieren, lobt Sammler Russo. „Er hat mich durch mein Coming-out begleitet, vor allem aber ist er ein großartiger Geschichtenerzähler.“ Damit ist König nicht nur in der Schwulenszene eine Ikone, für viele jüngere Comic-Erzähler ist er ein künstlerisches Vorbild. „Ohne seine Arbeiten wäre es für die Zeichner meiner Generation sehr viel schwerer gewesen, die Geschichten zu machen, die sie heute machen“, sagt zum Beispiel Felix Görmann alias Flix, Jahrgang 1976, dessen Arbeiten regelmäßig im Berliner Tagesspiegel erscheinen. Königs Arbeiten „waren für mich eine unterhaltsame Unterstützung beim Erwachsenwerden“, sagt er. „Und sie sind heute eine unterhaltsame Unterstützung beim Erwachsensein.“

Mit dem Ort der Jubiläumsausstellung verbindet König allerdings gemischte Gefühle. Nach Berlin zog er einst der Liebe wegen, aber die Beziehung zerbrach, König kehrte enttäuscht nach Köln zurück. „Berlin ist mir zu anstrengend“, sagte er vor einigen Jahren im Interview. „Die Stadt entzieht mir mehr Energie, als ich von ihr bekomme.“

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