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Brandenburg: Kohlendioxidausstoß in Berlin wieder leicht gestiegen

Mehr Flugverkehr und steigender Strombedarf machen andere Einsparungen zunichte

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Berlin - Das Ziel des Klimaschutzes ist klar, aber der Weg erweist sich als zunehmend mühsam: Berlin hat bei der Senkung des Kohlendioxidausstoßes zuletzt einen Rückschritt gemacht. Die Umweltverwaltung präsentierte am Montag die vom Amt für Statistik ermittelte CO2-Bilanz des Landes für 2006 (eine neuere gibt es nicht). Demnach wurden in Berlin knapp 22,4 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Abgases verursacht – 437 000 Tonnen mehr als ein Jahr zuvor.

Einen so deutlichen Zuwachs hat es seit 1990 nicht gegeben. Das Jahr der Wiedervereinigung wird weltweit als Referenz für Klimaschutzziele genommen. In Berlin sind das zunächst minus 40 Prozent bis 2020. Etwa 25 Prozent sind bereits geschafft – aber die waren eine vergleichsweise leichte Übung, weil sie großenteils aus dem industriellen Niedergang nach der Wende und aus der Erneuerung ineffizienter DDR-Technik – vom Austausch undichter Fenster bis zur Abschaffung von Kohleöfen in den meisten Altbauten – resultierten. Langfristig gilt auch in Berlin das Ziel von mindestens minus 80 Prozent bis zum Jahr 2050. Für die Stadt bedeutet das, dass von ursprünglich knapp 30 Millionen Tonnen nur noch 5,9 Millionen übrig bleiben dürfen. Bei konstanter Einwohnerzahl also gut 1,7 Tonnen pro Person und Jahr.

Trotz des Ausrutschers sieht Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) Berlin aber in einer relativ günstigen Ausgangslage. Denn die aktuell etwa sechs Tonnen des Durchschnittsberliners bedeuten den bundesweiten Spitzenplatz. Der Durchschnittsdeutsche emittiert knapp zehn Tonnen pro Jahr. Der Berliner Vorteil ergibt sich aus der geringen Autodichte von 320 Fahrzeugen pro 1000 Einwohner ebenso wie aus der Wohnstruktur: Wer in der Stadt wohnt, muss meist kein ganzes Haus heizen, sondern nur eine Wohnung, die zwischen anderen warmen Wohnungen liegt.

Der jetzt ermittelte Rückschlag resultiert vor allem aus der Zunahme des Flugverkehrs und dem gewachsenen Energieverbrauch des verarbeitenden Gewerbes. Durch den Bau von BBI verlagern sich zwar eine Million Tonnen CO2 bald in die Brandenburger Statistik, aber Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) will die Zuordnung dann so korrigieren lassen, dass sie der Wahrheit nahekommt.

Da die CO2-Emission nicht direkt gemessen werden kann, wird sie anhand des Energieverbrauchs und der eingesetzten Brennstoffe errechnet. So hängt etwa der Ausstoß eines Autos direkt vom Verbrauch ab: Den EU-Zielwert von 120 Gramm CO2 pro Kilometer erreicht ein Diesel-Auto, wenn es mit 4,5 Litern pro 100 Kilometer auskommt. Bei einem Benzinmotor dürfen es fünf Liter sein, weil Benzin etwas CO2-ärmer verbrennt.

Bei Kohle und Erdgas sind die Unterschiede noch größer: Eine Kilowattstunde Energie aus Erdgas ist nur knapp halb so klimaschädlich wie aus Kohle. Der Vattenfall-Strommix bedeutet angesichts von 655 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (Stand 2007) also für einen Single mit 2000 Kilowattstunden Jahresverbrauch gut 1,3 Tonnen CO2. Der insgesamt steigende Stromverbrauch zehrt die Gewinne durch modernere Kraftwerke und Elektrogeräte teilweise wieder auf. Doch die größte CO2-Wolke stammt oft aus einer in die Jahre gekommenen Heizung, die im Keller unter der ungedämmten Wohnung bollert. Sie kann bei einer 80-Quadratmeter-Wohnung locker drei, vier Tonnen CO2 pro Jahr bedeuten. Stefan Jacobs

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