Brandenburg: Kommunen warnen vor Finanz-Kollaps Rot-rote Sympathien für Sozialausgleich
Potsdam - In der rot-roten Koalition wird offen über einen sozialen Faktor im kommunalen Finanzausgleichsgesetz (FAG) nachedacht, um Kommunen mit besonders vielen sozial schwachen Einwohnern zu entlasten. Daher soll die Landesregierung 2011 ein Gutachten erstellen lassen.
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Potsdam - In der rot-roten Koalition wird offen über einen sozialen Faktor im kommunalen Finanzausgleichsgesetz (FAG) nachedacht, um Kommunen mit besonders vielen sozial schwachen Einwohnern zu entlasten. Daher soll die Landesregierung 2011 ein Gutachten erstellen lassen. „Ein Kernproblem ist nicht vordergründig das FAG, sondern ist die Aussattung der Kreise und kreisfreien Städte, wenn es um die Sozialkosten des Bundes geht“, sagte SPD-Finanzexperte Mike Bischoff. Anlass war der dramatische Warnung von Kreisen und Gemeinden vor einem Kollaps der Kommunalfinanzen kurz vor dem Landtagsbeschluss zum Haushalt in dieser Woche.
Tatsächlich ist der Bundesanteil an den Unterkunftskosten der Kommunen für Hilfeempfänger seit 2007 von 31 auf 23 Prozent gesunken. „Wir wollen untersuchen lassen, ob das Geld vom Bund auskömmlich ist“, sagte Bischoff. Das Land wolle dann gegenüber dem Bund aktiv werden. Als Folge schließen die Fachleute der Koalition einen Soziallastenausgleich im Verteilungsschlüssel, wie ihn Kreise und Gemeinde fordern, nicht mehr aus und finden dafür sogar Anhänger in der Opposition. Auch FDP-Fraktionschef Andreas Büttner hatte bereits angesichts der dramatischen Lage und hohem Anteil von Empfängern staatlicher Hilfen in seinem Heimatkreis Uckermark dieses Instrument gelobt.
Kreise, Städte und Gemeinden forderten gestern von Rot-Rot, die „strukturelle Unterfinanzierung" endlich zu beseitigen. Durch den Landeshaushalt 2011 sehen sie sich stark benachteiligt – fordern daher 120 Millionen Euro zusätzlich. Andernfalls drohen mit der von Rot-Rot konzipierten Novelle des FAG aus Sicht des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages harte Einschnitte bei öffentlichen Dienstleistungen. Bereits vergangene Woche hatten die vier kreisfreien Städte einen Hilferuf gestartet.
Angesichts desolater Kommunalfinanzen werden „wir die Angebote für die Bürger im nächsten Jahr zusammenkürzen müssen“, kündigte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Karl- Ludwig Böttcher, an. Das Ende des milliardenschweren Konjunkturpakets II reiße im Jahr 2011 ein „tiefes Loch“. Den „Luxus“ eines Schwimmbads etwa könnte sich kaum eine Gemeinden bald mehr leisten. Auch der Landkreistag sieht die Finanzlage düster. 13 von 14 brandenburgischen Landkreisen hätten 2010 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, sagte der geschäftsführende Vorstand des Landkreistags, Paul-Peter Humpert. „Wir sind tief in der Krise.“
Allerdings bessert Rot-Rot seinen Haushalt kurzfristig nach und nimmt Forderung der Kommunen auf. Grundlage für den Finanzausgleich soll nicht mehr – wie im Kabinettsentwurfvorgesehen – die Mai-, sondern die angesichts guter Konjunkturlage bessere November-Steuerschätzung sein. Entsprechende Änderungsanträge wollen die Koalitionsfraktionen am heutigen Dienstag beschließen. Laut SPD-Finanzexperte Bischoff würden Landkreise durch die Steuermehreinnahmen 16,5 Millionen Euro, die Städte und Gemeinden 42,3 Millionen Euro zusätzlich erhalten. Durch die von Rot-Rot beschlossene Anhebung der Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 5 Prozent bekämen die Kommune 7,5 Millionen Euro mehr. Die Reichen-Steuer, die finanzstarke Kommunen ab 2012 zahlen, für die das Land 2011 aber noch einspringt, bringt 10 Millionen Euro. Hinzu kommt der Demografie-Faktor, mit dem Rot-Rot den Anpassungsdruck in schrumpfenden Gemeinden abfedern will. Alexander Fröhlich
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