Brandenburg: Kompromisse mit „tragfähigen Lösungen“
Ziegler begrüßt Ende des Streits über Ärztehonorare / Auch Berliner Ärzte zogen Bilanz
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Potsdam/Berlin - Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) hat die Beilegung des Streits über die Honorare für die rund 3500 ambulanten Ärzte in Brandenburg begrüßt. Die vor dem Schiedsamt erzielten Kompromisse seien „tragfähige Lösungen“, sagte die Ministerin am Freitag in Potsdam. Sie sehe sich durch die klare und zügige Entscheidung des Schiedsamtes in ihrem oft zähen Ringen um eine Vermittlung zwischen Ärzten und Kassen bestätigt. Die Einigung sei das einzig richtige Signal für die betroffenen Mediziner und vor allem für die Patienten, betonte Ziegler. Die vereinbarten Vergütungen müssten nun umgehend den brandenburgischen Ärzten zugute kommen.
Das Schiedsamt hatte zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KV) auf der einen Seite und den Ersatzkassen sowie der AOK-Gesundheitskasse auf der anderen Seite vermittelt. Die Verhandlungspartner hatten Ende Dezember ihre Gespräche über neue Honorarverträge abgebrochen und das Schiedsamt angerufen. Dieses schlug Kompromisse vor, denen die KVBB in dieser Woche zustimmte.
Nach dem Kompromiss mit den Ersatzkassen werden die Arzthonorare 2005 im Vergleich zu 2004 um 0,38 Prozent und 2006 gegenüber 2005 um weitere 1,41 Prozent erhöht. Die Ost-West-Angleichung wird schneller vorangetrieben als vom Gesetzgeber vorgeschrieben. So wird die Steigerung um 3,8 Prozent nicht auf die Jahre 2004 bis 2006 verteilt, sondern auf die beiden Jahre 2004 und 2005. Der Kompromiss mit der AOK sieht die gleichen Honorarsteigerungen vor. Der Ost-West-Ausgleich erfolgt gestaffelt: So wird die Vergütung 2004 um 1,3 Prozent, 2005 um ein Prozent und 2006 um 1,5 Prozent angehoben werden.
KV-Chef Hans-Joachim Helming sagte am Freitag, die wochenlangen Proteste der Ärzte hätten sich gelohnt. Nach dem Schiedsspruch stehen den Medizinern insgesamt rund 30 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Von den Ersatzkassen kommen 20 Millionen Euro zusätzlich, und die AOK zahlt 10 Millionen Euro mehr. Nach den Kompromissen hätten die Mediziner nun endlich Planungssicherheit, sagte der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Ralf Herre. Nicht beseitigt sei damit aber die seit Jahren bestehende chronische finanzielle Unterversorgung der Ärzte. Ihnen steht laut Herre noch immer ein Fünftel weniger Geld als den Kollegen in den alten Ländern zur Verfügung. „Gleichzeitig haben die Ärzte in Brandenburg aber 20 bis 30 Prozent mehr Patienten als im Westen.“ Zudem sei auch noch keine Regelung in Sicht, wie die durch die Arbeitsmarktreform Hartz IV entstandenen Millionenausfälle aufgefangen werden sollen.
Gestritten wird jetzt noch über das Arzneimittelbudget 2006. In dieser Frage haben die KV und die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen ebenfalls das Schiedsamt angerufen. Die Schiedsverhandlung findet am 22. Februar statt.
Die niedergelassenen Ärzte in Berlin haben nach ihrer Streikwoche eine positive Bilanz gezogen und weitere Proteste angekündigt. Rund 3000 der 6000 Berliner Arztpraxen blieben während der Aktionswoche geschlossen, teilte das Bündnis Berliner Kassenärzte am Freitag mit. Der Unmut der Berliner Vertragsärzte richtete sich gegen eine zunehmende Rationierung von Arzneimitteln, steigende Bürokratie und eine unzureichende Finanzierung ambulanter Medizin. Die Rettungsstellen hatten wegen des Streiks deutlich mehr zu tun. Am Sonntag wollen die Kassenärzte über weitere Maßnahmen beraten. Einen regelrechten Patienten-Ansturm verzeichnete am Montag das Virchow-Klinikum: Wegen Streik und Glatteis wandten sich zehn mal mehr Verletzte als üblich an die Rettungsstelle. An den übrigen Protesttagen stieg das Aufkommen im Vergleich zu gewöhnlichen Tagen um das doppelte und dreifache, sagte Charité-Sprecherin Kerstin Enderle. Der Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung musste täglich mehr als 200 Mal zu Hausbesuchen ausrücken, ein Plus von rund 50 Prozent. Die Krankenhäuser im Vivantes-Verbund zählten nach eigenen Angaben zehn Prozent mehr Patienten in Rettungsstellen.
Die meisten streikenden Ärzte nutzten die Zeit zur Fortbildung. Der Streik hatte am Montag und Dienstag in den nördlichen Stadtteilen Berlins begonnen. Etwa die Hälfte der niedergelassenen Ärzte beteiligte sich daran. Donnerstag und Freitag blieben im Süden der Stadt fast drei Viertel der Arztpraxen zu. ddp/dpa
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