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Brandenburg: Korrupt, aber wählbar?
In der Kleinstadt Guben tritt auch der verurteilte Ex-Bürgermeister zur Wahl an. Darf der das? Wie sieht die Rechtslage aus?
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Guben - In der Kleinstadt Guben in Südbrandenburg sind die Bewohner am Sonntag zur Wahl eines neuen Bürgermeisters aufgerufen. Unter den fünf Kandidaten ist der wegen Korruption verurteilte Ex-Amtsinhaber Klaus-Dieter Hübner (FDP). Bei einem möglichen Wahlsieg gibt es nach Einschätzung eines Rechtswissenschaftlers keine rechtlichen Hürden für ihn. Der FDP-Landesverband betonte erneut, dass er eine Kandidatur Hübners für falsch hält.
Das Landgericht Cottbus hatte im Februar 2015 den damals 63 Jahre alten FDP-Politiker Hübner zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass eine Gartenbaufirma jahrelang Hübners Privatgrundstück kostenlos pflegte und den Rasen mähte. Im Gegenzug habe er dafür gesorgt, dass das Unternehmen städtische Aufträge bekam. Hübner bestritt die Korruptionsvorwürfe.
Dem Rechtswissenschaftler Ulrich Battis zufolge würde ein Wählervotum für Hübner Zweifel an dessen Eignung aufheben. Zunächst einmal sei festzuhalten, dass das frühere Stadtoberhaupt zur Wahl zugelassen wurde. „Es hat eine Prüfung stattgefunden, die eindeutig positiv ausgefallen ist“, sagte Battis der Deutschen Presse-Agentur. Es müsse nun zwischen „dem politischen Teil und dem beamtenrechtlichen Teil“ unterschieden werden, wie der Berliner emeritierte Professor für Staats- und Verwaltungsrecht erläuterte.
„Bürgermeister werden direkt gewählt, das ist eine wichtige Basis“, sagte Battis. „Zudem sind Bürgermeister Beamte auf Zeit, nämlich für die Wahlperiode.“ Somit seien ihre beamtenrechtlichen Voraussetzungen anders als die von „normalen“ Karrierebeamten.
Laut Battis stellt sich die Frage, ob Hübner geeignet ist, gemäß Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes. Demnach hat jeder Deutsche „nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung“ gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. „Da kann man unterschiedlicher Meinung sein.“ Battis betonte: „Wir müssen in Rechnung stellen: Er hat seine Strafe bekommen und ist in der Bewährungszeit offensichtlich nicht straffällig geworden. Man kann davon ausgehen, dass die Wähler in Guben die Vorgänge kennen. Wenn er sie dennoch überzeugt, ihn zu wählen, werden die Zweifel, die man berechtigt haben kann, dadurch aufgehoben.“ Wegen Hübners Kandidatur wurde sogar eine einstweilige Verfügung des Verwaltungsgerichts Cottbus gegen den Landrat des Spree-Neiße-Kreises erlassen. Landrat Harald Altekrüger (CDU) darf demnach bis zum Wahlabend nicht mehr gegenüber der Presse wiederholen, dass er Hübner bei einer erfolgreichen Wahl nach Amtsantritt und Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorläufig suspendieren würde. Das Gericht verwies darauf, dass staatliche und kommunale Organe während der Wahlzeit das Gebot staatlicher Neutralität zu beachten hätten.
Dem FDP-Landesverband ist die Kandidatur Hübners weiter ein Dorn im Auge. Der Landesvorsitzende Axel Graf Bülow sagte: „Der Landesverband steht nicht hinter der Kandidatur.“ Der Verband hätte Hübner davon abgeraten, wenn er ihn gefragt hätte. „Ich hätte es vor dem Hintergrund der Verurteilung für anständig empfunden, wenn Herr Hübner seine Kandidatur zurückgezogen hätte“, ergänzte der Landesvorsitzende.
Die Bürgermeisterwahl in Guben im Landkreis Spree-Neiße findet vorzeitig statt. Eigentlich war sie erst für 2017 geplant. Der 2009 wiedergewählte Hübner war wegen der Korruptionsvorwürfe 2012 suspendiert worden. Fred Mahro (CDU) sprang ein, tritt jetzt aber nicht zur Wahl an und ist nun Wahlleiter. Wahlberechtigt sind ihm zufolge etwa 16 000 Gubener.
Neben Hübner gibt es vier weitere Kandidaten für die Bürgermeisterwahl: Kerstin Nedoma (Linke), Ingo Schuster (SPD) sowie die zwei Einzelkandidaten Thomas Leopold und Mario Wanke. Sollte es am Sonntag keinen eindeutigen Wahlsieger geben, ist eine Stichwahl am 17. Juli geplant. Anna Ringle
Anna Ringle
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