Von Frank Jansen: Körting nimmt’s sportlich
Nach dem 1. Mai: Heftige Kritik am Innensenator im Parlament. CDU fordert Rücktritt
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Berlin - Dem Berliner Innensenator flogen harte Worte entgegen: „Fiasko“, „Schande“, „massive Fehler“, „ungeheuerliche Verdrehung der Tatsachen“ – Abgeordnete von CDU und FDP feuerten am Montag im Innenausschuss auf Ehrhart Körting (SPD), als sei nach den Krawallen vom 1. Mai in Berlin ein parlamentarisches Getöse von ähnlicher Lautstärke nötig. CDU-Mann Kurt Wansner forderte sogar den Rücktritt des Senators, der aber blieb gelassen. „Ich nehme das sportlich“, sagte Körting und erinnerte daran, dass sein „lieber Freund Wansner“ ihn schon mehrmals nach Maifeiertagen als untragbar bezeichnet hatte. Der Senator beließ es aber nicht bei ironischen Antworten. Körting dankte den Polizisten, die in der Walpurgisnacht und am 1. Mai im Einsatz waren, außerdem wünschte er den verletzten Beamten, dass sie „sehr schnell genesen“. Und er betonte, das Ausmaß an Gewalt habe ihn „zutiefst erschreckt“.
Den Vorwürfen aus den Reihen von CDU und FDP, die Polizei sei nur ungenügend auf die Ausschreitungen vorbereitet gewesen und am Abend des 1. Mai „verheizt“ worden, trat Körting nicht alleine entgegen. Detailliert schilderten Polizeipräsident Dieter Glietsch, der Einsatzleiter der Polizei, Jürgen Klug, und der Chef der für Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln zuständigen Direktion 5, Bernhard Kufka, welche Taktik angewandt wurde – und welche Probleme es gab. Glietsch: „Die rechtliche Möglichkeit des Flaschenverbots wurde genutzt“, sei aber angesichts der vielen Anwohner, die sich privat mit Bierflaschen versorgt hatten, nur beschränkt auf dem Myfest und am Abend bei der linksradikalen Demonstration durchzusetzen gewesen.
Einsatzleiter Klug widersprach Behauptungen einzelner Polizisten, ihre Einheiten hätten bei der Randale nicht eingreifen dürfen. Das seit Jahren fortentwickelte „Konzept der ausgestreckten Hand“ sehe nicht nur Deeskalation vor – gegen Gewalttäter sei „gezielt, schnell, offensiv, konsequent und beweissicher bei niedriger Einschreitschwelle“ vorzugehen. Den Einsatzführern werde ausdrücklich „eigenverantwortliches Handeln“ empfohlen. Problematisch war für Klug, dass angesichts weiterer Demonstrationen im Bundesgebiet die von Berlin angeforderten Hilfskräfte aus anderen Ländern zum Teil erst am Mittag des 1. Mai eintrafen – und dann nur noch provisorisch mit den Örtlichkeiten in Kreuzberg vertraut gemacht werden konnten.
Der in den Medien zu lesende Vorwurf, Polizeieinheiten sei die Weisung erteilt worden, sich nicht blicken zu lassen oder sich in Hauseingängen zu verstecken, „entbehrt jeder Grundlage“, sagte der Leiter der Direktion 5, Bernhard Kufka. Die Polizei habe das Myfest wie in den letzten Jahren „durchmischt“. Ganze Hundertschaften seien auf Hinterhöfen postiert gewesen, um im Myfest „von innen nach außen wirken zu können“. So konnte nach Ansicht der Polizeiführung erreicht werden, dass den Krawallmachern auf dem Fest viel Raum vorenthalten wurde und die Randale nach der Demonstration weitgehend auf Kottbusser Tor und Adalbertstraße beschränkt blieb. Laut Kufka kam allerdings der frühe Beginn der Steinwürfe, nur Minuten nachdem die linksradikale Demonstration sich in Bewegung gesetzt hatte, „völlig unerwartet“.
Abgeordnete von SPD und Linksfraktion verteidigten erwartungsgemäß die Polizei, aber auch von den Grünen kam kaum Kritik. Christdemokrat Wansner hingegen macht sich stark für einen „Runden Tisch gegen Linksradikalismus“.
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