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POSITION: Kraft verpulvert

Keine Kommunalgebietsreform zulasten der Strafverfolgung Von Erardo C. Rautenberg

Stand:

Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Jahr wieder einmal in einer Grundsatzentscheidung darauf hingewiesen, dass von unserem Grundgesetz eine „funktionstüchtige Strafrechtspflege“ eingefordert wird. Die Strafrechtspflege obliegt zunächst einmal der Staatsanwaltschaft, die dabei als „Kopf ohne Hände“ auf die Hilfe der Kriminalpolizei angewiesen ist. Im Interesse einer optimalen Zusammenarbeit der beiden Strafverfolgungsorgane ist es natürlich wünschenswert, wenn sich die Strukturen entsprechen und die territorialen Zuständigkeiten decken.

Doch das ist schwer umzusetzen, weil die Staatsanwaltschaft zum Justiz- und die Kriminalpolizei zum Innenressort gehört. Hinzu kommt auch noch, dass nach dem Gerichtsverfassungsgesetz die Grenzen der Staatsanwaltschaften denen der Landgerichte zu entsprechen haben, innerhalb der Justiz die Staatsanwaltschaft gegenüber den Gerichten und innerhalb der Polizei die Kriminalpolizei gegenüber der Schutzpolizei eine Minderheit darstellt. Da die Interessen von Minderheiten bekanntlich vernachlässigt zu werden drohen, ist es umso erfreulicher, dass zum 1. Januar dieses Jahres eine Justiz- und Polizeireform in Kraft treten konnte, die zu einer weitgehenden Angleichung geführt hat: Der Generalstaatsanwaltschaft und den vier nachgeordneten Staatsanwaltschaften stehen nunmehr ein Polizeipräsidium und vier Polizeidirektionen gegenüber. Während im Süden und Westen auch noch eine Deckungsgleichheit der Grenzen der Landgerichtsbezirke und der Polizeidirektionsgrenzen erreicht werden konnte, ist dies im Norden und Osten leider nicht gelungen. Denn dies hätte eine Verkleinerung des Landgerichtsbezirks Neuruppin bedeutet, gegen die sich die Neuruppiner mit dem Ergebnis einer Vergrößerung ihres Gerichtsbezirks erfolgreich gewehrt haben. Trotz dieses Schönheitsflecks wird die Reform eine Verbesserung der Strafverfolgung nach sich ziehen, womit die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen und Personalverschiebungen gerechtfertigt sind.

Doch dieser Erfolg wird nun durch ein von der Enquetekommission 5/2 des Landtags Brandenburg zur Diskussion gestelltes Modell gefährdet, wonach die vierzehn bestehenden Landkreise durch sieben teils neu zu bildende ersetzt werden sollen, deren Grenzen die der derzeitigen vier Polizeidirektionen durchschneiden würden. Würde eine derartige Kreisgebietsreform umgesetzt werden, müssten die Grenzen der Polizeidirektionen erneut verändert werden, weil diese sich aus guten Gründen stets – vor allem im Interesse der Schutzpolizei – nach den Kommunalgrenzen auszurichten pflegen. Doch die Justiz würde wohl kaum noch einmal und gegen ihre Gewohnheit ihre Grenzen mit denen der Polizei harmonisieren, nur um dem staatsanwaltlichen Minderheitsinteresse zu entsprechen. Denn nur die Staatsanwaltschaften, nicht aber die Gerichte bedürfen einer engen Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei. Damit wäre der Aufwand für die Umsetzung der dieses Jahr in Kraft getretenen Reform verpulvert und die dadurch ermöglichte Verbesserung der Strafverfolgung zerschlagen.

Was würde der Rechnungshof dazu sagen? Aus Sicht der Strafverfolgung plädiere ich jedenfalls dafür, dass eine Kreisgebietsreform nur innerhalb der Grenzen der gerade neu geschaffenen vier Polizeidirektionen erfolgt. Dies auch, um endlich Ruhe bei der reformmüden Polizei einkehren zu lassen.

Der Autor ist Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg

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