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Brandenburg: Krampnitz-Affäre: BBG täuschte Platzeck

Im Dezember 2009 fiel Potsdamer Kaserne an das Land zurück: Statt seriösen, solventen Käufer zu suchen, passte BBG Verträge an

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Potsdam - In der Krampnitz-Affäre ist offenbar selbst Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) von der Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) über Hintergründe des dubiosen Verkaufs der Kaserne im Potsdamer Norden getäuscht worden. Und zwar im Mai 2010. Sonst wäre womöglich schon da alles aufgeflogen. Dieser neue Verdacht – neben der jüngsten Rüge des Landesrechnungshofs – drängt sich nach PNN-Informationen aufgrund eines Schreibens vom 4. Mai 2010 des BBG-Geschäftsführers Frank Marczinek an das Finanzministerium auf.

Marczinek ist auch Vorstandsmitglied im Fußballverein Babelsberg 03, der vom Ex-Innenminister und Platzeck-Vertrauten Rainer Speer geführt wird. Die BBG, die Marczinek 2006 – damals war Speer Finanzminister – günstig vom Land gekauft hatte, verwertet im Auftrag Brandenburgs gegen ein jährliches Millionenhonorar frühere Militärflächen. Es handelt sich um landeseigene Immobilien.

Es ist nur ein paar Monate her. Marczinek war vom inzwischen vom Linken Helmuth Markov geführten Finanzministerium – eingeschaltet von der Staatskanzlei – um Auskunft zum aktuellen Stand des Krampnitz-Verkaufs gebeten worden. Anlass war eine direkt an Platzeck gerichtete Anfrage des Berliner Immobilienentwicklers Detlef Maruhn vom 19. April 2010, der das drei Jahre nach dem Verkauf durch die BBG an die TG Potsdam des Hannoveraner Anwaltes Ingolf Böx immer noch brachliegende 112-Hektar-Areal nun selbst erwerben wollte. Dessen Bank hatte nämlich im Dezember 2009 gegenüber der BBG den Rücktritt von den Kaufverträgen erklärt. Das heißt, die zu ungünstigen Konditionen veräußerte Immobilie fiel damit wieder an das Land zurück, der Schaden hätte wettgemacht werden können. Vom Kaufpreis war bis dato ohnehin nur ein Bruchteil gezahlt worden. Für die Immobilie, für die ohnehin nur ein Preis von 4,2 Millionen Euro vereinbart war, hätte ein zahlungskräftiger, seriöser Käufer gesucht werden können.

Doch die als Treuhänder für das Land tätige BBG verschwieg dies gegenüber dem Finanzministerium. Und das nach PNN-Informationen sogar noch im Schreiben vom 4. Mai 2010 „bezüglich der Anfrage des Herrn Maruhn an Ministerpräsident Platzeck“, wie es Marczinek ausdrückte. Stattdessen hatte die BBG eigenmächtig die Verträge mit Böx angepasst. Dies sei nötig gewesen, schrieb Marczinek dazu nur, da die „Investoren wegen der fortschreitenden Finanzkrise den vorgesehenen Zeitplan nicht umsetzen konnten.“ Eins war Marczinek wichtig: „Wir verbleiben weiterhin bei der Auffassung, dass zu der Liegenschaft Krampnitz aufgrund der bestehenden Verträge Dritter keine Verhandlungen geführt werden können.“ Für den Rechnungshof lag diese Vertragsanpassung, mit dem die BBG „das Ziel der Gesamtvermarktung der Liegenschaft ... faktisch aufgab“, nicht im Interesse des Landes. Die Prüfbehörde schätzt zudem, dass ein aktuelles - statt das verwendete veraltete - Wertgutachten vor dem Verkauf der Kaserne auf einen 10 Millionen Euro höheren Wert gekommen wäre. Die Staatsanwaltschaft prüft weiter Ermittlungen. Der Rechnungshof-Bericht sei dazu angefordert, werde mit ausgewertet, sagte Behördensprecher Helmut Lange gestern. Am Freitag nimmt der Untersuchungsausschuss im Landtag zur Affäre seine Arbeit auf. Die Opposition aus CDU, FDP und Grünen hat „Zweifel, dass Krampnitz ein Einzelfall war“, so CDU–Obmann Dierk Homeyer. Daher will man die Akten zu allen Grundstücksverkäufen durch die BBG seit der Privatisierung 2006 anfordern lassen. Eigentlich können das SPD und Linke, die inzwischen selbst auf Aufklärung drängen, nicht mehr ablehnen.

Thorsten Metzner

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