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Von Thorsten Metzner: Krampnitz-Affäre: Staatsanwalt ermittelt Behörde hat begründete Anhaltspunkte, dass dem Land Brandenburg ein Millionenschaden entstand
Potsdam - In der Krampnitz-Affäre um den Verkauf der 110-Hektar-Immobilie im Norden Potsdams zum Schnäppchenpreis ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. Das am Donnerstag eingeleitete förmliche Ermittlungsverfahren wegen Untreue-Verdachts richtet sich nach Angaben der Behörde bisher gegen Verantwortliche der privaten Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG).
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Potsdam - In der Krampnitz-Affäre um den Verkauf der 110-Hektar-Immobilie im Norden Potsdams zum Schnäppchenpreis ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. Das am Donnerstag eingeleitete förmliche Ermittlungsverfahren wegen Untreue-Verdachts richtet sich nach Angaben der Behörde bisher gegen Verantwortliche der privaten Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG). „Kernfrage ist, ob die Grundstücke pflichtwidrig unter Wert verkauft wurden und dadurch dem Land Brandenburg ein Schaden entstanden ist“, heißt es in einer Erklärung der Potsdamer Staatsanwaltschaft vom Donnerstag.
Die von dem ins Zwielicht geratenen Geschäftsführer Frank Marczinek geführte frühere Landesfirma BBG ist gegen ein jährliches Millionenhonorar treuhänderisch im Auftrag des Finanzministeriums als Makler landeseigener früherer Militärliegenschaften tätig. Ein Jahr nach der ebenfalls strittigen Privatisierung hatte die BBG 2007 die Krampnitz-Kaserne für 4,1 Millionen Euro an Firmen des Hannoveraner Anwaltes Ingolf Böx verkauft, der als Käufer aber inkognito blieb. Dem Landtag teilte damals der inzwischen wegen einer Unterhaltsaffäre zurückgetretene damalige Finanzminister Rainer Speer (SPD) mit, dass die seriöse dänische Thylandergruppe der Investor ist. Dass dies nicht den Tatsachen entsprach, wurde erst im Sommer 2010 bekannt, als die Affäre aufflog. Bislang ermittelt die Staatsanwaltschaft allerdings nicht gegen Böx, etwa wegen Betruges. Und „nach derzeitigen Stand der Prüfung“ haben die Ermittler zumindest keine ausreichenden Anhaltspunkte für Untreue von Bediensteten des Finanzministeriums oder des damaligen Ministers Speer gefunden, die dennoch nicht aus dem Schneider sind. Denn ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes hatte schwere Verstöße der BBG und des Finanzministeriums als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde beim Krampnitz-Verkauf gerügt, mit denen sich der Untersuchungsausschuss des Landtages befasst.
Wie berichtet, soll dort Böx als erster Zeuge gehört werden. Zentraler Ansatz der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist, dass es beim Verkauf an den schillernden Anwalt keine seriöse Wertermittlung gab. Die BBG verwendete ein überholtes Verkehrswertgutachten, das ein Jahr zuvor für einen anderen Interessenten mit völlig anderen Plänen für das Areal erstellt worden war – einen Fußballpark. Wegen des hohen Grünanteils kam das alte Gutachten auf einen Wert von 3,9 Millionen Euro, wobei der Sachverständige ausführte: „Die Bewertung ... stellt auf die Umsetzung des Konzepts der SCC Soccer Culture Club GmbH ab. Bei veränderten Entwicklungsansätzen könnten sich auch die Wertermittlungsansätze verändern.“ Genau das geschah. Lukrativere Wohnbebauung, die vorher eine „untergeordnete Rolle“ spielte, hatte im von Böx eingereichten „Thylander-Angebot“ für den „Country Club Krampnitz“ hohen Stellenwert. Der Rechnungshof schätzt den Schaden für das Land auf rund 10 Millionen Euro. Bestätigt sehen kann sich die Opposition. Der CDU-Politiker Dierk Homeyer hatte in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses zu Beginn der Affäre ausdrücklich auf den Gutachten-Widerspruch hingewiesen, war aber von der rot-roten Koalition abgebügelt worden. Homeyer erinnerte nun daran, dass Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) bis heute jeden Schaden für das Land verneint. „Es stellt sich immer mehr heraus, dass das eine Schutzbehauptung war.“
Mit dem Ermittlungsverfahren rückt nun die Frage in den Mittelpunkt, was mit der Immobilie im Potsdamer Norden passiert und ob das Land die Geschäftsbeziehungen mit der BBG beendet. Noch sind die Krampnitz-Kaufverträge nicht endgültig vollzogen, da Böx in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Zugleich wurden Teilflächen weiter veräußert. Doch steht das Land noch im Grundbuch. Finanzminister Helmuth Markov (Linke) hat Anfang der Woche der BBG nun zumindest auch noch die Vollmacht entzogen, im Fall Krampnitz zu handeln, wie Sprecherin Ingrid Mattern bestätigte. Zuvor hatte Markov Ende 2010 entschieden, dass die BBG– anders als vorher – keine Grundstücke mehr selbstständig, ohne Genehmigung des Landes, verkaufen darf. Die Opposition will im Immobilien-Untersuchungsausschuss auch das Markov-Krisenmanagement unter die Lupe nehmen.
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