zum Hauptinhalt

Von Thorsten Metzner: Krampnitz-Deal: Die Stunde der Unbelehrbaren

Finanzministerium glaubt noch immer an seriösen Käufer / Beamtin widerspricht Speer / CDU: traumhafte Vorzugsbehandlung

Stand:

Potsdam - Bereits drei Wochen ist die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte rot-rote Regierung wegen der Finanz–Affäre um die  Verkäufe der Krampnitzer Kasernen und der Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) in Erklärungsnot. Trotzdem brachte eine Sitzung des Finanzausschusses am Donnerstag immer noch keine Klarheit. Nach dem Missmanagement im Finanzministerium unter dem damaligen Minister Rainer Speer (SPD) gerät nun der Umgang mit der Affäre durch Nachfolger Helmuth Markov (Linke) in die Kritik. Nicht nur die Opposition aus CDU, FDP und Grünen, selbst in der rot-roten Koalition wundert man sich mittlerweile, warum angesichts ständig neuer Ungereimtheiten nicht längst eine Rückabwicklung des Verkaufs der Krampnitzer Kasernen ernsthaft geprüft und angepackt wird. Die Linke-Abgeordnete Margitta Mächtig etwa konnte ihr Unverständnis nicht verhehlen.

Eine mysteriöse Antwort darauf gab die zuständige Referatsleiterin für Liegenschaften des Finanzministeriums Iris-Andrea Stelzig, die Markov – offenbar mit Blick auf den angekündigten Untersuchungsausschuss vorsichtig geworden – mit der Beantwortung ausdrücklich beauftragt hatte. Stelzig sagte: „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir mit der dänischen Thylander-Gruppe im Geschäft sind.“ Dies habe ihr nämlich der Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx, der bislang abgetaucht war, in einem Gespräch am Vortag versichert und einen Vertrag gezeigt, „den er mit der Thylander-Gruppe hat und der nach wie vor gültig ist“. Böx ist der tatsächliche Käufer und zumindest für die Fachabteilung des Finanzministeriums immer noch ein seriöser Investor – trotz all der bekannt gewordenen skandalösen Hintergründe. Die Aussage Stelzigs steht im krassen Gegensatz zur gesamten Entwicklung der letzten Wochen. Das Markov-Ministerium hatte nämlich nach intensiver Überprüfung „keine gesellschaftsrechtliche Verbindung“ zwischen Böx und der dänischen Thylander–Gruppe festgestellt. Diese findet sich auch in keinem Handelsregisterauszug. Und der internationale Thylander–Konzern hatte in einer in den PNN veröffentlichten Erklärung ausdrücklich klargestellt, dass die Gruppe zwar einmal Interesse hatte und sondierte, „sich letztlich aber gegen einen Kauf des Grundstückes entschieden hat“. Und wie Ex-Finanzminister Rainer Speer (SPD) sagte, habe ihm Firmenchef Lars Thylander jüngst in einem persönlichen Telefonat erklärt, dass er Böx einmal mit der Abwicklung von Geschäften beauftragt, aber „im weiteren Verlauf das Interesse an Krampnitz verloren hat“. Eine Nachfrage per E-Mail bei Thylander, wann er ausgestiegen sei, sei bisher unbeantwortet geblieben.

Speer hatte 2007 dem Landtag die Dänen als solventen Käufer der 112-Hektar-Immobilie vorgestellt, der „die Haftung für sämtliche Verpflichtungen aus den Grundstückskaufverträgen übernommen“ habe. Endlich einer, wie Speer gestern bekräftigte, der „nicht nur Entwickler, sondern Investor war“. War er aber nicht. Aber das Finanzministerium wurde nicht einmal stutzig, ob die Dänen noch im Boot sind, als Böx schon bald – begründet mit der Finanzkrise – um Aufschub für den seit 2008 fälligen Gesamtkaufpreis von 4,1 Millionen Euro bat. Für die Thylander-Gruppe wäre die Summe – nach den Bonitätsprüfungen – eigentlich Kleingeld. Erstmals bestätigte das Finanzministerium, dass man in zwei bislang geheim gebliebenen Zusatzverträgen dem Böx-Käufer Ende 2008, und dann  noch einmal Ende 2009 Zahlungsaufschub gewährt hatte. Vorher hatte das Ministerium schon eingestehen müssen, im März 2010 dem klammen Böx – im Gegenzug für die vorübergehende Rücknahme zweier Teilflächen – die Hälfte der Anzahlung von 1,3 Millionen Euro zurücküberwiesen zu haben. Der CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer zum Fall Krampnitz: „Von einer solchen Vorzugsbehandlung kann jeder Steuerzahler, bei dem das Finanzamt etwas eintreibt, nur träumen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })