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Von Hannes Heine: Krawall nach dem Konzert

Autonome randalierten nach Punk-Konzert in Berlin / Polizei von Ausschreitungen offenbar überrascht

Stand:

Berlin – Nach einem Konzert der Punkband Slime im Club SO 36 ist es Donnerstagnacht zu Krawallen im Berliner Stadtteil Kreuzberg gekommen. Vermummte bewarfen in der Nacht zu Donnerstag Polizeiwagen mit Steinen, zerschlugen Schaufenster und Bankautomaten. Und weil am Tag danach, in der Nacht zu Freitag, ein zweites Slime-Konzert im selben Club anstand, befürchtete man bei der Polizei eine Randale-Zugabe.

Von den Ausschreitungen in der Nacht zu Donnerstag wurden die Polizeibeamten offenbar überrumpelt. Knapp 100 Autonome hatten in der Oranienstraße, in der sich auch das SO 36 befindet, die Polizei überrascht und die Autohäuser an der Mariannenstraße und in der Skalitzer Straße angegriffen. Sie zertrümmerten nicht nur Scheiben, es soll auch ein Brandsatz in die Ausstellungsräume geworfen worden sein – neben einem hochwertigen Auto waren lodernde Flammen zu sehen. Der Brandsatz erlosch aber noch vor Eintreffen der Feuerwehr von selbst. Auch vor dem SO 36 brannten Mülltonnen, die auf die Oranienstraße gerollt worden waren, der Verkehr staute sich.

Die Polizei war zunächst mit etwa 30 Beamten vor Ort, nach Mitternacht war dann eine Hundertschaft im Einsatz. In der Mariannenstraße durchschlugen zwei Kleingeschosse die Seitenscheiben eines Einsatzwagens. Im Fahrzeug hätten die Beamten einen „gläsernen Gegenstand“ sichergestellt, hieß es. Der Staatsschutz ermittelt.

Am Donnerstag bezogen die Polizisten schon am frühen Abend rund um das Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg Stellung. Aus dem Präsidium hieß es, man wolle in der Nacht zu Freitag mit „ausreichend Kräften“ vor Ort sein. Das Konzert endete nach Redaktionsschluss dieser Zeitung.

Auch der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Robbin Juhnke war überzeugt, dass die Polizei überrascht worden ist. „Dies wäre erschreckend“, sagte der CDU-Politiker und forderte weiter, der Senat müsse seine Sicherheitspolitik überdenken. Juhnke verlangte außerdem, „endlich mehr Polizisten einzustellen“. Wie die Gewerkschaft der Polizei wies auch der CDU-Politiker darauf hin, dass bei derzeit rund 16 000 Beamten in der Stadt 4000 Einsatzkräfte fehlten.

Besonders vor den beiden Autohäusern zwischen SO 36 und Kottbusser Tor dürften die eingesetzten Polizisten in der Nacht zu Freitag massive Präsenz zeigen. Seit 50 Jahren gibt es die Filiale in der Skalitzer Straße, seit 15 die in der Mariannenstraße. Es handelt sich um einen Seat- und einen Audi-Händler. Zerschlagene Scheiben waren vor allem am 1. Mai üblich. Ob die Häuser gegen Krawallschäden versichert sind, teilten die Autohändler auf Nachfrage nicht mit.

Die Musikgruppe Slime gilt als eine der einflussreichsten Punkbands in Deutschland. Von 1979 bis zur Auflösung 1994 trat die Gruppe bundesweit in zahlreichen Clubs auf, die Lieder der Band gehörten schnell zum Soundtrack linker Demonstrationen. In diesem Jahr gab die Gruppe anlässlich ihres 30-jährigen Bandjubiläums einige Konzerte. Slime positionierte sich mit Songs wie „Sand im Getriebe“ als linksradikal. Die Lieder „Nazis Raus“ und „Schweineherbst“ entstanden als Reaktion auf die rassistischen Pogrome von Rostock-Lichtenhagen 1992. Zu heftigen Debatten führte das Lied „Deutschland muss sterben ( damit wir leben können)“.

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