Brandenburg: Kreuzberger Schule bleibt besetzt
190 Flüchtlinge zogen in andere Heime um. Ein Teil der Bewohner will aber nicht gehen
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Berlin - In der besetzten Schule in Berlin-Kreuzberg wird weiter über den Auszug der verbliebenen Bewohner verhandelt. Ein Ultimatum solle es nicht geben, unterstrichen Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), am Mittwoch. Es bleibe das Ziel, dass der harte Kern von rund 40 Flüchtlingen und Unterstützern die Gerhart-Hauptmann-Schule friedlich verlassen. Den Umzug von 190 von 211 per Hausausweis registrierten Flüchtlingen aus der Schule bezeichneten Czaja und Herrmann als großen Erfolg.
Die Situation in der Schule sei sehr angespannt und gefährlich. Einige Bewohner drohten mit Selbstmord oder dem Anzünden der Schule, sagte Herrmann. „Das erfordert kühlen Kopf und großes Augenmaß in den Gesprächen.“ Vier von fünf Bezirksstadträten seien vor Ort. Auch die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram und ihr Linke-Kollege Hakan Tas seien in die Verhandlungen eingebunden. Einige der Besetzer harrten trotz des Regens auf dem Dach aus. Sie wollen mit Innensenator Frank Henkel (CDU) direkt über ein Bleiberecht verhandeln.
Um die von Flüchtlingen, Obdachlosen und Roma-Familien besetzte Schule hatte es monatelangen Streit zwischen dem rot-schwarzen Senat und dem von den Grünen geführten Bezirk gegeben. Beide Seiten hatten sich Tatenlosigkeit vorgeworfen. In der Schule herrschen miserable hygienische Bedingungen. Es kam immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis zur Tötung eines Flüchtlings. Am Dienstag war der Umzug der Flüchtlinge in vom Senat gestellte Unterkünfte angelaufen.
Im März hatten Senat und Bezirk eine friedliche Auflösung des Zeltlagers von Flüchtlingen auf dem Oranienplatz erreicht. Im Gegenzug wurden den Flüchtlingen Unterkünfte sowie eine Duldung während der Klärung ihrer Asyl- oder Aufenthaltsverfahren zugesagt. Czaja sagte jetzt, dass der Senat sein damaliges Angebot nun auf die 211 mit Hausausweisen ausgestatten Flüchtlinge in der Schule ausgedehnt habe, die ursprünglich nicht auf der Liste des Einigungspapiers vom März standen, sagte Czaja. Das Einigungspapier gelte somit für die 326 Flüchtlinge vom Oranienplatz auf der Liste und 211 Flüchtlinge aus der Schule, also für 537 Personen, sagte Czaja. Voraussetzung sei gewesen, dass der Bezirk zugesagt habe, eine Wiederbesetzung der Schule zu verhindern. Der Bezirk wolle die Schule in ein internationales Flüchtlingszentrum umwandeln, ergänzte Herrmann. Zunächst unterstütze die Polizei den Bezirk. Wenn die Schule leer sei, werde man das Gelände einzäunen und mit Wachschützern sichern, so Herrmann.
88 Flüchtlinge aus der Schule seien in einem Heim am Kaiserdamm (Charlottenburg) und 100 am Askanierring in Spandau untergebracht worden, sagte Czaja. Sie hätten teils schon auf gepackten Koffern gesessen und sich auf bessere Lebensbedingungen gefreut, sagte Czaja. Zudem seien parallel 37 Roma temporär in einem anderen Heim in Spandau untergekommen. Der Senator lobte die „konstruktive Zusammenarbeit mit dem Bezirk“.
Die Bezirksstadträte berieten mit Anwälten der Besetzer darüber, wie weiter verfahren werden kann. „Wir wollen keine Räumung, wir wollen einen Leerzug“, betonte Herrmann. Zu einer Pressekonferenz der Besetzer in der Schule kam es nicht. Die Zugänge waren abgesperrt.
Die Polizei, die noch am Dienstag mit einem massiven Aufgebot von rund 900 Kräften an der Schule war, zog inzwischen einen Teil der Beamten ab. Am Mittwoch waren noch bis zu 400 Polizisten im Einsatz, wie ein Sprecher sagte. „Die Lage ist völlig ruhig.“
Bei Protestaktionen von rund 800 Sympathisanten der Flüchtlinge wurden in der Nacht zum Mittwoch mehrere Polizisten leicht verletzt. Demonstranten hatten versucht, Absperrgitter zu durchbrechen. Fensterscheiben gingen zu Bruch, eine Bushaltestelle wurde demoliert. Es gab auch mehrere Festnahmen.
K. Baukhage, J. Schütz, B. Brandau
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