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Krisenhandbuch und Krisenstab: Brandenburg zieht Lehren aus der Corona-Pandemie
Die Corona-Enquetekommission des Landtags beschäftigte sich mit der Entstehung der Pandemie-Verordnungen im Land. Dabei ging es um die Frage: Was könnte man künftig besser machen?
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Insgesamt 92 Verordnungen zu Corona-Infektionsschutzmaßnahmen hat das Land Brandenburg von März 2020 bis Februar 2023 erlassen. Oft musste es schnell gehen, schneller als sonst. Und manchmal gab es neue Verordnungen im Wochenrhythmus. Am Freitag beschäftigte sich die Corona-Enquetekommission des Brandenburger Landtags damit. Die Frage der Abgeordneten und Experten: Was könnte man in der nächsten Pandemie besser machen?
Folgt man den in die Kommission eingeladenen Experten aus Ministerien und Verwaltung, lautet die Antwort: „Nicht viel“. „Die Verordnungen waren rechtlich zwingend und unerlässlich zum Schutz der Bevölkerung“, sagte Anne Stolpe, Juristin im Ministerium für Gesundheit und Soziales.
Insgesamt habe es während der Pandemie 180 Anträge beim Oberverwaltungsgericht gegeben. „In fast allen Verfahren haben die Verordnungen standgehalten“, sagte Stolpe. „Lediglich in fünf Fällen wurden einzelne Vorschriften für unwirksam erklärt – in diesen Fällen wurde das umgehend korrigiert.“
Ähnlich äußerte sich der Staatssekretär in der Potsdamer Staatskanzlei, David Kolesnyk (SPD): Die staatlichen Ebenen seien während der Pandemie zum Handeln verpflichtet gewesen. Zwischen März 2022 und Mai 2023 habe es 155 Ministerpräsidentenkonferenzen und Konferenzen der Chefs der Staatskanzleien gegeben. „Normalerweise sind das nur einige Termine im Jahr“, so Kolesnyk. „Aber die Zielstellung war, ein gemeinsames Verständnis für Maßnahmen, deren Umsetzung und zeitliche Abläufe zu entwickeln.“
Die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder sei der zentrale Ort gewesen, um in den Ländern möglichst einheitliche Maßnahmen zu entwickeln. „Die Rahmenbedingungen waren, wie sie waren“, sagte Stolpe. „Wir sind von einer Gefahrenlage ausgegangen – und wir haben das Beste versucht, was in der kurzen Zeit möglich war.“
AfD-Abgeordneter zweifelt Pandemie an
Teile der Kommission sahen das naturgemäß anders. So zweifelte der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Hünich daran, ob es überhaupt eine Corona-Pandemie gab. Die Behörden hätten nur rechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfungen gemacht. „Aber Sie haben nie gefragt, ob es eine Pandemie gab“, warf Hünich den Ministerialbeamten vor. „Sie haben das nie infrage gestellt – aus unserer Sicht ist das das Entscheidende.“
Der BSW-Landtagsabgeordnete Christian Dorst attestierte der Verwaltung, „top down“ funktioniert zu haben. „Wer hat denn die Experten der Ministerpräsidentenkonferenz ausgewählt?“, fragte Dorst. „War es eigentlich richtig, dass die MPK ‚top down‘ den politischen Rahmen gesetzt hat? Haben Sie sich diese Frage mal gestellt?“
„Die MPK hatte eine koordinierende Funktion, weil das der Punkt in Deutschland ist, wo auf einer übergeordneten Ebene alle Bundesländer vertreten sind“, sagte Kolesnyk. „Gemeinsam wurde entschieden, dass das der Ort des Austauschs ist.“ Es sei in den Ländern aber nie „stupide eins zu eins“ umgesetzt worden, was die MPK beschlossen habe. „Es wurde immer geguckt, was passt jetzt auf Brandenburg.“ Doch Dorst warf den Beamten vor: „Sie haben das, was von oben kam, zu jedem Zeitpunkt als gegeben hingenommen.“
Und welche Konsequenzen zieht die Verwaltung nun aus dem Geschehenen? Im Gesundheitsministerium gibt es nun ein Krisenhandbuch und einen Krisenstab – also Beschäftigte, die im Fall eines Falles dafür bereitstehen, sagte Stolpe. Und Kolesnyk kündigte an, dass man das jüngste Urteil des Landesverfassungsgerichts, das einen Teil der Coronaverordnung wegen mangelnder Bestimmtheit für nichtig erklärte, bei eventuellen weiteren Pandemien berücksichtigen wolle.
Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Jens Graf, wies darauf hin, dass es in der Pandemie gelungen sei, auch unter schwierigen Bedingungen den Landtag anzuhören. Gleichwohl müsse man künftig diskutieren, ob es für künftige Krisensituationen nicht von vornherein Sonderregelungen braucht, um zu regeln, wie man in einer Krise etwa die Beteiligung der Kommunen regelt.
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