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Brandenburg: Kulturcheck: Ein Londoner testet Berlin

Ich bin Londoner. Ich lebe in der Kulturmetropole und arbeite dort als Journalist, bin aber für zwei Wochen rübergekommen, um Berlin den Puls zu fühlen.

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Ich bin Londoner. Ich lebe in der Kulturmetropole und arbeite dort als Journalist, bin aber für zwei Wochen rübergekommen, um Berlin den Puls zu fühlen. Zum Teil, weil ich mir Sorgen mache, dass von Berlin ein Sog ausgeht, der unsere besten Kulturleute anzieht. Künstler, Musiker und Jungkreative machen sich in solchen Mengen von London auf den Weg nach Berlin, dass „Time Out“, das Londoner Stadtmagazin, Berlin schon das neue East London nennt. Ich bin aber auch hier, weil ich wissen will, wie diese Stadt und ihre Einwohner ticken und wie sie sich von uns unterscheiden.

Mein Plan ist ein Experiment am eigenen Leib: Ich werde jeden Abend zu irgendeiner Veranstaltung gehen – Theater, Kunstausstellung, Performance, Gig, Nachtclub, Kino, irgendwas – und alles mit London vergleichen. Ein Kulturmarathon über zwei Wochen. Montagabend sah ich „Gesäubert“ in der Schaubühne und Dienstagabend in Kreuzberg „Pazar“, einen deutsch-türkischen Film. Über all diese Ereignisse schreibe ich dann täglich auf der Online-Seite des Tagesspiegels. Aber ich brauche auch Ihre Hilfe. Wenn Sie Vorschläge haben, was ich mir anschauen sollte, schicken Sie mir doch bitte eine E-Mail an mark@espiner.com.

Gleichzeitig zu diesem Kulturprojekt läuft mein Wurst-Experiment. Bei Würsten bin ich Deutscher: Aus meiner Sicht ist die Wurst die großartigste Manifestation von Fleisch in der Geschichte der Menschheit. Ich kenne keine Kulturnation, in der nicht Alkohol und Wurst im Zentrum stehen. Die Spanier haben Chorizo, Algerier die würzige Merguez, wir Briten haben die Chipolata zum Frühstück oder „Black Pudding“, aber Ihr Deutschen habt: Frankfurter, Thüringer, Nürnberger, Bratwurst, Bockwurst, Wienerle, Weißwurst, Debrecziner, Landjäger und Currywurst. Wenn es noch weitere Würste gibt, die ich kennen sollte, bitte ich ebenfalls um Benachrichtigung.

Wenn ich dann genug Sorten kenne, kann die Wurst zu meinem Maß werden, mein Kulturmessgerät. Demnach wäre das Sarah-Kane-Stück, das ich gestern Abend in der Schaubühne gesehen habe, wie eine Currywurst – geschmacklich etwas für Kenner, schwer verdaulich, aber äußerst aufreizend. Mark Espiner

Der Autor lebt sonst in London und schreibt unter anderem für den „Guardian“. Aus dem Englischen übersetzt von Moritz Schuller. Mark Espiners Berlin-Besprechungen finden Sie in den nächsten zwei Wochen täglich im Internet unter www.tagesspiegel.de/stadtleben.

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