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Sozialwohnungen? Brauchen wir nicht, sagt Brandenburg - und investiert die Bundesmittel lieber in den Einbau von Aufzügen.

© dpa

Wohnungen in Brandenburg: Land fördert kaum Sozial-Neubauten

Viele östliche Bundesländer investieren die Bundesmittel in die Modernisierung bestehender Wohnungen statt in neue Sozialwohnungen, kritisiert der Bund. Vorbildlich seien hingegen Länder wie Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern.

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Potsdam - Das Land Brandenburg hat trotz hoher Bundeszuschüsse den Neubau von Sozialwohnungen in den vergangenen Jahren kaum gefördert und die Gelder anderweitig verwendet. Das geht aus einer statistischen Aufstellung des Bundesbauministeriums für die Jahre 2009 bis 2011 hervor, die den PNN vorliegt. Trotz des drängenden Neubaubedarfs in der Landeshauptstadt Potsdam und im übrigen Berliner Umland sieht das zuständige Infrastrukturministerium des Landes keinen Handlungsbedarf und löste damit scharfe Kritik aus. Es gebe im Land keinen Mangel an Wohnungen, sagte ein Ministeriumssprecher.

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wollte sich nicht selbst dazu äußern, ließ aber über einen Rathaussprecher ausrichten: „Ohne Wohnungsbauförderung wird es uns perspektivisch nicht gelingen, ausreichend preiswerten Wohnraum in Potsdam nachhaltig zu sichern.“ Die Vergabe der Fördermittel des Bundes dürfe nicht der Willkür der Länder überlassen werden, sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher. „Wo Bedarf besteht, müssen die Mittel des Bundes zweckentsprechend verwendet werden.“ Tatsächlich gebe es landesweit ein Überangebot an Wohnungen, besonders in den berlinfernen Regionen. „Es kann aber gerade in Potsdam und im Umland nicht die Rede sein, dass es keinen Bedarf für sozialen Wohungsbau gibt“, sagte Böttcher. Jörn-Michael Westphal, Chef der Gewoba bei der Pro Potsdam GmbH, sagte im PNN-Interview, dass in der aktuellen Situation mehr Fördergelder nötig seien. „Würden mehr Fördermittel gewährt werden, würden wir auch mehr Wohnungsneubau realisieren“, sagte er.

In Brandenburg wurden für jährlich 30,3 Millionen Euro von 2009 bis 2011 nur 65 Neuprojekte gefördert. Der größere Teil floß in die Förderung von 405 Projekten, für Sanierungen, den Einbau von Aufzügen für barrierefreies Wohnen für die besonders stark alternde Bevölkerung im Land und das Schließen von Baulücken. Seit 2007 haben laut Infrastrukturministerium 6531 Wohneinheiten für 36 Millionen Euro von neuen Aufzügen profitiert. 104 Millionen Euro flossen in die Modernisierung für generationsübergreifendes Wohnen, nur zwei Millionen Euro in neue Sozialwohnungen. Dramatischer ist die Lage in Berlin. Dort floss von 2009 bis 2011 trotz der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt keinCent aus dem Bundestopf in den sozialen Wohnungsbau. Stattdessen stotterte Berlin mit den jährlich 32,6 Millionen Euro Wohnungsbau-Altverpflichtungen ab.

Das Vorgehen von Berlin und Brandenburg ist erlaubt. Seit 2006 ist die Förderung des sozialen Wohnungsbaus Ländersache, im Zuge der Förderalismusreform hatten sich Bund und Länder 2006 auf die Maßgaben für die Kompensationsmittel des Bundes geeinigt. Dennoch ist der Bund nicht zufrieden, sein Vorwurf: Viele Bundesländer, neben Berlin und Brandenburg das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen, hätten die Mittel zweckentfremdet. Am Dienstag forderte Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) die Länder auf, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus nicht zurückzufahren und die jährlich 518 Millionen Euro „streng zweckgebunden in den sozialen Wohnungsbau zu investieren“. Vorbildlich seien Länder wie Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. „Es gibt aber auch solche Länder, die es an Konsequenz ermangeln lassen, die mit diesem Geld sehr stark an die Grenzen der Möglichkeiten gehen“, sagte Ramsauer.

Erst vor einigen Wochen hatten sich Bund und Länder bei Gesprächen über die Bewältigung der Hochwasserschäden geeinigt, dass es von 2014 bis 2019 bei jährlich 518 Millionen Euro bleibt. Die Länder setzten Lockerungen durch, die Bundesgelder können nun für allgemeine Investitionszwecke ausgegeben werden und müssen nicht in den Sozialbau fließen. (mit gb/wik)

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