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Potsdams schweres Erbe: Land und Hauptstadt erinnern an "Tag von Potsdam"
Es ist bis heute ein schweres Erbe. Der "Tag von Potsdam" mit dem Händedruck von Reichspräsident Hindenburg und Hitler markiert eine wichtige Etappe auf dem Weg in die NS-Diktatur. Brandenburgs Landeshauptstadt bemüht sich um die Aufarbeitung der Last.
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Potsdam - Mit etlichen Veranstaltungen erinnern das Land Brandenburg und seine Hauptstadt in dieser Woche an den "Tag von Potsdam" vor 80 Jahren, der einen wichtigen Schritt in die Hitler-Diktatur markiert. Am 21. März 1933 wurde der neu gewählte Reichstag in der Garnisonkirche eröffnet, weil das Parlamentsgebäude am 27. Februar in Flammen aufgegangen war. Reichspräsident Paul von Hindenburg und der gerade ins Amt gekommene Reichskanzler Adolf Hitler reichten sich demonstrativ die Hand, was den Bund zwischen altem Preußentum und Nationalsozialismus symbolisieren sollte.
Zu dem Datum würden unter anderem Lesungen, Ausstellungen und Filmvorführungen geboten, sagte Kulturministerin Sabine Kunst (parteilos) am Montag vor Journalisten. "Es gibt ein vielfältiges Programm." Am Dienstag wird ein Platz nahe dem neuen Landtagsgebäude im Stadtzentrum nach dem früheren Ministerpräsidenten des Freistaats Preußen und Sozialdemokraten Otto Braun benannt. Als entschiedener Gegner der NSDAP musste er ins Exil flüchten, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren.
Eine Lehre aus den damaligen Ereignissen sei, dass die Demokratie wehrhaft sein müsse, betonte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, Martina Weyrauch ergänzte: "Die Massen haben die Demokratie nicht verteidigt." Am "Tag von Potsdam" säumten tausende Menschen die Straßen und es herrschte Volksfeststimmung, wie Irmgard Zündorf vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam berichtete. Ministerin Kunst nannte es "erschreckend", in welchem Tempo die Nazis seinerzeit die Macht übernommen hätten.
Unter der Überschrift "Der andere Tag von Potsdam" lädt das Filmmuseum der Stadt zu Lesungen aus Erich Kästners Kinderroman "Pünktchen und Anton". Es folgt die Vorstellung eines Buches über die damaligen Geschehnisse. Am Abend schließlich diskutieren Landtagspräsident Gunter Fritsch und Martin Sabrow über die Bedeutung des 21. März aus Sicht des Politikers und Historikers. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten will mit einer Wanderausstellung über die frühen Konzentrationslager und Haftstätten zur Aufarbeitung der ersten Jahre der NS-Herrschaft beitragen. (dpa)
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Die Termine zum Gedenken - Veranstaltungen rund um den „Tag von Potsdam“
Dienstag, 19. März
Mit einer feierlichen Zeremonie wird um 11 Uhr an der Landtagsbaustelleein Platz nach Otto Braun benannt. Der Sozialdemokrat war von 1921 bis 1932 Ministerpräsident des Freistaats Preußen und entschiedener Gegner der NSDAP. Um 19 Uhr spricht ein Zeitzeuge in der Kapelle der Garnisonkirche über den Tag von Potsdam. Pfarrer Wilhelm Stintzing erzählt, wie er die Ereignisse als Abiturient erlebt hat. Im Anschluss hält Thomas Wernicke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, einen Vortrag mit dem Titel „Historische Anmerkungen zum Tag von Potsdam“. Zur gleichen Zeit veranstaltet die Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ und das antifaschistische „Bündnis zur Erinnerung an den Tag von Potsdam“ im Potsdam Museum einen Vortrag zu dem Ereignis und wie es dazu kam. Sprechen wird der Schriftsteller Bernd Langer.
Mittwoch, 20. März
Um 19 Uhr wird zu einem Gedenkspaziergang zu den drei Kirchen, die am Tag von Potsdam zu Schauplätzen wurden, eingeladen. Treffpunkt ist die katholische Kirche St. Peter und Paul, dann geht es zur evangelischen Nikolaikirche und schließlich zur Kapelle auf der Baustelle der Garnisonkirche. Um 18 Uhr veranstaltet die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg eine Podiumsdiskussion im Potsdam Museum. Gäste sind Finanzminister Helmuth Markov (Linke), der Historiker Kurt Pätzold sowie Pfarrer Martin Vogel, gleichzeitig theologischer Vorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam.
Donnerstag, 21. März
Das Filmmuseum lädt um 9, um 10 und um 11 Uhr jeweils zu einer Lesung von „Pünktchen und Anton“. Am Abend (20.30 Uhr) wird der Film „Emil und die Detektive“ gezeigt. Der Autor beider Werke, Erich Kästner, war wie viele Künstler ab 1933 von Arbeitsverbot und Verfolgung betroffen. Um 10 Uhr stellen Schüler der Voltaire-Schule ihr Projekt „Stolpersteine in Potsdam“ vor. Sie berichten über Erfahrungen mit Zeitzeugen, ihre Recherche und die Stolperstein-Führungen in Potsdam. Um 16.45 Uhr wird im Filmmuseum das Buch „Der Tag von Potsdam“ vorgestellt. Darin beschreiben Historiker und Sozialwissenschaftler die Ereignisse rund um den 21. März 1933, den Kontext und die Nachwirkungen. Am selben Ort findet um 18 Uhr eine Debatte mit Landtagspräsident Fritsch und dem Historiker Martin Sabrow statt. Der Titel lautet „Der Tag von Potsdam - eine Inszenierung und ihre Bedeutung“. Begleitet wird die Veranstaltung von historischem Filmmaterial. Zu einer weiteren Diskussionsrunde lädt das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte um 20.30 Uhr ein. Unter dem Titel „Zwei Gesichter einer Stadt“ diskutieren Rabbiner Walter Homolka und der Historiker Thomas Wernicke über das Potsdamer Toleranzedikt und den Tag von Potsdam. Auch eine Gegenveranstaltung gibt es am Donnerstag: Ab 17 Uhr ist an der Breiten Straße eine Kundgebung „gegen die architektonische und ideologische Renaissance Preußens“ geplant. Sie richtet sich vor allem gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche.
Samstag, 23. März
Auch der diesjährige Potsdamer Ostermarsch beschäftigt sich mit dem „Tag von Potsdam“. Unter dem Motto „Für eine Welt ohne Krieg, Militarismus und Faschismus“ wollen Bürger um 14 Uhr am Brandenburger Tor starten. wik
Weitere Informationen zum Tag von Potsdam und zur Machtübernahme Hitlers 1933 gibt es unter www.politische-bildung-brandenburg.de oder unter www.brandenburg-33.de.
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