SOLARINDUSTRIE: Landesgeld für Odersun trotz Millionenverlusten
Die insolvente Solarfirma hatte kaum Umsätze, vergütete die Vorstände aber üppig. Die opposition spricht von einem Skandal.
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Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) glaubt weiter fest an eine Zukunft für die Frankfurter Solarfirma Odersun, die in der vergangenen Wochen Insolvenz beantragt hat und dringend einen Investor braucht. Das Land sei Mitglied im Gläubigerausschuss „und wir bekommen sehr genau mit, wie sich die Dinge entwickeln“, sagte eine Ministeriumssprecher am gestrigen Montag. Woraus sich die Zuversicht des Wirtschaftsministers speist, ist aber völlig unklar.
Zumindest die öffentlichen Unternehmenszahlen sind alles andere als solide, wie der Jahresabschluss für 2010 zeigt. Demnach verzeichnete Odersun bereits zu dieser Zeit einen ausgewiesenen Bilanzverlust von 47 Millionen Euro, allein für 2010 lag der Jahresfehlbetrag bei 22 Millionen Euro. Als Grund dafür wurden etwa die gestiegenen Personalkosten angeführt, darunter die Bezüge der beiden Vorstandsmitglieder von 1,66 Millionen Euro. Insgesamt beliefen sich die Personalkosten auf 11,9 Millionen Euro.
Finanziert hat sich Odersun 2010 über Kredite oder in Aktien und Eigenkapital umgewandelte Wandelanleihen, was insgesamt 37 Millionen Euro ausmachte. Darunter waren Kredite von zehn Millionen Euro, teils hoch verzinst bei einem Hedge Fonds, für die Brandenburg über acht Millionen Euro eine Bürgschaft übernahm – zusätzlich zu den 2009 und 2010 ausgereichten Fördermitteln von zehn Millionen Euro für die Errichtung der Produktionshallen in Fürstenwalde (Oder-Spree). Produziert und verkauft aber wurden nur ein paar Standardmodule. Odersun verbuchte 2010 deshalb lediglich Umsatzerlöse von 214 000 Euro – also fast nichts im Vergleich zur Gesamtbilanz.
Und auch im Jahr 2011 dürfte sich nicht viel getan haben bei Odersun. Der vorläufige Sachverwalter für das Insolvenzverfahren Rüdiger Wienberg selbst sagte, da das Unternehmen „keine nennenswerten Umsätze“ erwirtschaftet habe, seien die Liquiditätsreserven gering. Tatsächlich ist das Unternehmen trotz millionenschwerer Fördersummen und Bürgschaften des Landes in den vergangenen Jahren noch nicht einmal am Markt etabliert. Seit Monaten laufen Gespräche mit einem Investor in Russland.
Genau mit diesen begründete Christoffers bislang seinen Optimismus – und mit der Rettung von 260 Arbeitsplätzen und Odersuns innovativem Produkt. Es sind flexible Dünnschichtsolarmodule für Gebäudefassaden. Immerhin räumt das Ministerium ein, wofür die im Dezember von Odersun angefragte und im Februar ausgezahlte Notbeihilfe des Landes von 3,2 Millionen Euro herhalten musste, die Christoffers gegen den Rat seiner Fachleute abgesegnet hat. Das Unternehmen habe dringend acht bis neun Millionen Euro gebraucht, das Land habe daher 3,2 Millionen aus dem Nothilfefonds beigesteuert, die Gesellschafter hätten weitere 4 Millionen Euro aufgebracht, bestätigte das Ministerium. Wie berichtet konnte Odersun die Löhne und Gehälter für seine Beschäftigten erst nach der Beihilfezahlung im Februar begleichen. Trotz der Beihilfe musste Odersun nun Insolvenz anmelden. Ob das Land den Notkredit jemals zurück bekommt und ob die Bürgschaften fällig werden, ist ungewiss. Schlimmstenfalls gehen 13 Millionen Euro verloren, hinzu kämen die Fördergelder.
Der Wirtschaftsexperte der CDU-Landtagsfraktion, Dierk Homeyer, spricht von einem Skandal: „Faktisch wurden mit Landesgeld die Vorstandsbezüge und Gehälter gezahlt, und das ausgerechnet unter einem linken Wirtschaftsminister.“ Er sei fassungslos über Christoffers Vorgehen, es gebe keine tatsächliche Produktion und keine Einnahmen. „Wenn das alles so zutrifft, dass der Wirtschaftsminister allein über die Beihilfe entschieden hat, dann muss er sich mit dem Vorwurf der Haushaltsuntreue auseinandersetzen“, sagte Homeyer.
Christoffers gibt sich betont gelassen. Er warte ab, wie die CDU den Vorwurf untermauern wolle, hieß es. Durch das Insolvenzverfahren könnte es einen Sanierungsplan geben, mit dem Odersun weitergeführt werden könnte. Und für die Beihilfe gebe es Sicherheiten des Unternehmens – Immobilien und die Patentrechte. In der Tat ist die Insolvenz auch mit Landesbeihilfe eine machbare Option, um Odersun zu retten – vor allem für den Investor. Der könnte eine vom Steuerzahler entschuldete Odersun AG übernehmen.
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