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Von Alexander Fröhlich: Landesregierung wegen Vattenfall erneut in der Kritik
Gesetzlich geregelte Mitwirkungsrechte des Braunkohleausschusses bei neuem Tagebau missachtet
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Potsdam – Wegen ihrer Braunkohle-Politik und des Umgang mit dem Energiekonzern Vattenfall steht die brandenburgische Landesregierung erneut in der Kritik. In einem vertraulichen Brief an Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) erheben 17 Vertreter von Kommunen und Verbänden im Braunkohleausschuss schwere Vorwürfe. Im Kern geht es darum, dass Vattenfall in Genehmigungsverfahren gegenüber Bewohnern und Kommunen im Lausitzer Braunkohlerevier „klar bevorzugt“ worden sein soll.
Die Mitglieder des Ausschuss-Arbeitskreises Tagebau Jänschwalde sehen sich von der Gemeinsamen Planungsbehörde jedenfalls übergangen und mit einer „Ungleichbehandlung konfrontiert“. In dem Brief, der dieser Zeitung vorliegt, protestieren die vom Tagebau betroffenen Ortsteile dagegen, dass das Ministerium kritische Anträge zur Braunkohlenplanung im Schnellverfahren ablehnt, ohne den Braunkohlenausschuss und seine Arbeitskreise anzuhören. Die gesetzlich geregelten Mitwirkungsrechte des Ausschusses in Fragen der Braunkohle- und Sanierungsplanung seien missachtet worden.
Hintergrund sind zwei im Februar gestellte Anträge der Gemeinde Schenkendöbern (Spree-Neiße) und des Umweltverbands Grüne Liga, die Vattenfalls Plänen für den neuen Tagebau Jänschwalde-Nord durchkreuzt hätten. Das Infrastrukturministerium sollte Änderungen des Braunkohlenplans für den bestehenden Tagebau Jänschwalde, südlich des geplanten Nord-Tagebaus, vornehmen. Gemeinde und Grüne Liga hatten gefordert, den Tagebau Jänschwalde weiter südlich enden zu lassen als genehmigt und eine unterirdische Dichtwand gegen abfließendes Grundwasser zu bauen. Ziel der Gemeinde war es, ihre Ortsteile besser vor Lärm, Staub und Grundwasserabsenkung zu schützen. Es gehe auch um die Folgen für die Umgebung, um bedrohte Feuchtgebiete und „Risse in den Häusern“, hieß es bei der Grünen Liga.
Das Infrastrukturministerium lehnte den Antrag im April mit einem „nicht näher datierten Schreiben“ ab, obwohl sich der Braunkohlausschuss erst Mitte Mai damit befassen wollte. In dem Brief an Vogelsänger äußern die Unterzeichner nun „große Verwunderung“ darüber, „dass die Gemeinsame Landesplanungsbehörde den Antragstellern ablehnend antwortete, ohne den Braunkohlenausschuss oder seinen zuständigen regionalen Arbeitskreis einbezogen zu haben“. Die von der Landesregierung beteuerte „Transparenz und Ergebnisoffenheit der Braunkohlenplanung“ sehen die Verfasser „unter diesen Umständen als nicht gegeben an“.
Noch drastischer äußerte sich Klaus-Dieter Fuhrmann (CDU), der im Arbeitskreis die Stadt Guben vertritt und dort Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung ist. „Änderungen verbindlicher Pläne kann sich die Landesregierung offensichtlich nur zugunsten Vattenfalls, nicht zugunsten der Betroffenen Bewohner und Ortschaften vorstellen.“
Tatsächlich dienen der Braunkohlenausschusses und seine regionalen Arbeitskreise laut Gesetz der Mitwirkung und regionalen Willensbildung bei der Braunkohle- und Sanierungsplanung. „Diese Mitwirkung wurde vom Ministerium umgangen, offenbar um den Antrag möglichst schnell und ohne öffentliche Diskussion wieder los zu werden. Damit werden wir uns nicht abspeisen lassen“, sagt René Schuster von der Grünen Liga.
Hätte der Antrag von Schenkendöbern und Umweltverband Erfolg gehabt, hätte Vattenfall sein Pläne für die Fortführung des Tagebaus Jänschwalde-Nord gravierend ändern müssen. Für diesen Tagebau aber soll der Braunkohlenplan erst nach der nächsten Landtagswahl von einer neuen Landesregierung Ende 2014 beschlossen werden. Umweltverbände und betroffene Orte wollen daher an ihrer Forderung nach Dichtwand und höherem Abstand zu Siedlungen im Braunkohlenplanverfahren festhalten.
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