Brandenburg: Landnahme: Neue Strafanzeige
Potsdam - Brandenburgs Strafjustiz muss erneut prüfen, ob die vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügte Inbesitznahme von tausenden Bodenreformgrundstücken durch das Land womöglich doch den Tatbestand der Untreue erfüllt. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg bestätigte am Dienstag den Eingang einer Strafanzeige der Linken, die sich auf neue Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss des Landtages zur Enteignungsaffäre beruft.
Stand:
Potsdam - Brandenburgs Strafjustiz muss erneut prüfen, ob die vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügte Inbesitznahme von tausenden Bodenreformgrundstücken durch das Land womöglich doch den Tatbestand der Untreue erfüllt. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg bestätigte am Dienstag den Eingang einer Strafanzeige der Linken, die sich auf neue Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss des Landtages zur Enteignungsaffäre beruft. „Die Unterlagen wurden an die Potsdamer Staatsanwaltschaft zur Prüfung weitergeleitet“, so Rautenberg, der sich zu den Erfolgsaussichten nicht äußern wollte. Doch nach PNN-Recherchen ist es unwahrscheinlich, dass die Generalstaatsanwaltschaft und für die Bodenreform-Problematik zustehende Potsdamer Behörde ihre bisherige Auffassung revidieren wird, wonach für Ermittlungen der nötige Anfangsverdacht nicht ausreicht: Denn bei den Vorprüfungen hatte man zwar „objektive Anhaltspunkte“ für Untreue gefunden, als das Land – wegen drohender Verjährung eigener Ansprüche – Erben von Bodenreformland um ihren rechtmäßigen Besitz brachte. Doch für die Staatsanwaltschaft gab es bislang keine Belege, dass dies bewusst, mit Vorsatz geschah, was bei Untreue der Fall sein muss. Genau dort setzt die Strafanzeige der Linken an. Sie stützt sich aufgrund von Zeugenaussagen im Ausschuss darauf, dass in 300 Fällen mit gesonderten Verzichtserklärungen der ab 2.10.2000 gesetzlich geltende Eintritt der Verjährung für die Klärung der Eigentumslage bei Bodenreformland für eine Übergangszeit außer Kraft gesetzt wurde. Und zwar nach Konsultation, möglicherweise „auf Druck“ von Landesbehörden, wie es in der 50-Seiten–Expertise heißt, der entsprechende Schreiben aus dem Untersuchungsausschuss beiliegen. Der Haken: Es geht bei der von den Linken monierten Problematik ausgerechnet um Fälle im Kreis Teltow-Fläming, der damals als einziger die „kalten“ Enteignungen ohne gründliche Erbensuche durch das Land nicht mitmachte. Allerdings hatte man in Teltow-Fläming bei bestimmten Grundstücken, die dem Land tatsächlich zustehen könnten, die „Verjährung“ für ein Jahr verzögert – als Entgegenkommen an das Land. Man nutzte die Zeit für eine gründliche Erbensuche. Zu einer Inbesitznahme der Grundstücke in dieser juristisch fragwürdigen Überbrückungszeit kam es nach Angaben des Kreises aber nie. Auch deshalb sah auch die Staatsanwaltschaft, die dies schon einmal unter die Lupe genommen hatte, keine Untreue. Für die SPD steht fest, dass die Strafanzeige der Linken ein Rohrkrepierer wird, wie Untersuchungsausschussmitglied Thomas Günther sagt. „Da ist nichts Neues.“ Aber es sei „ein Gesetzesverstoß“, wenn von den Linken Untersuchungsausschuss-Akten einfach an Dritte – und sei es die Staatsanwaltschaft – weiter gegeben würden. Thorsten Metzner
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: