Brandenburg: Landrat Friese wirft Schönbohm Unfairness vor
Neuhausener CDU-Amtsdirektor: Minister will von eigenen Versäumnissen ablenken
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Neuhausener CDU-Amtsdirektor: Minister will von eigenen Versäumnissen ablenken Von Thorsten Metzner Potsdam. Die Auseinandersetzung um die schwere Anhörungspanne bei der Gemeindereform in der Lausitz nimmt an Schärfe zu. Der SPD-Landrat von Spree-Neiße, Dieter Friese, wies gegenüber den PNN scharf die Darstellung von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) zurück, der ihn für die unterlassenen Bürgeranhörungen in 15 Orten des Amtes Neuhausen bei Cottbus verantwortlich gemacht hatte. „Es ist unfair, Fehler des eigenen Hauses auf den Landkreis abzuschieben“, sagte Friese, der Rückendeckung von SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch erhielt. Friese verwahrte sich zugleich gegen den von Schönbohm geäußerten Verdacht, „willentlich und wissentlich die Anhörungen unterlassen zu haben, um das Gesetz zu Fall zu bringen.“ Gleichwohl sieht der Landrat durch die Panne nun die Chancen gestiegen, das umstrittene Gesetz – mit den Eingemeindungen von drei Orten nach Cottbus – zu kippen. Rückendeckung erhielt er auch von Dieter Perko, CDU-Amtsdirektor des betroffenen Amtes in Neuhausen. Die Schuldzuweisungen Schönbohms an den Landrat seien „nicht nachvollziehbar“: Es sei klar, dass das Innenministerium für die Anhörungen zuständig war, weil im Zuge der Neugliederung eindeutig Kreisgrenzen betroffen waren. Scharfe Kritik äußerte Perko am Justizministerium, das bereits am 22. Juli vom Verfassungsgericht über den Vorwurf unterlassener Anhörungen unterrichtet wurde, aber erst zwei Monate später das Innenministerium informierte. Die Folge: Als das Landesverfassungsgericht am 8. August in einem Eilverfahren die Klage der betroffenen Gemeinden abschlägig beschied, die Kommunalwahl in den alten Grenzen durchzuführen, lag die Stellungnahme der Landesregierung und damit die regierungsamtliche Bestätigung der schweren Anhörungspanne den Richtern nicht vor. Zwar hieß es aus dem Ministerium, es sei eine Formalie ohne juristische Folgen. „Doch der Verdacht liegt nahe, dass dort gepokert wurde“, sagte Perko. Auch Landrat Friese nannte es bedenklich, dass ein solch brisantes Schreiben zwei Monate im Justizressort schmorte. „Hätte die Stellungnahme dem Gericht vorgelegen, wäre die Entscheidung womöglich anders gefallen.“ Das lasse Spekulationen zu, dass „bewusst etwas zurückgehalten wurde“, sagte der Lausitzer SPD-Abgeordnete Ulrich Freese. „Das Ganze ist ein Stück aus dem Tollhaus.“ Schönbohm als Verfassungsminister sei nicht in der Lage gewesen, die Bürgerrechte bei der Gemeindereform sicherzustellen. Dagegen wies Sven Petke die Vorwürfe als „durchsichtigen Kommunalwahlkampf“ zurück. Trotz der Anhörungspanne und der juristischen Risiken soll die Kommunalwahl am 26. Oktober im betroffenen Amt Neuhausen bei Cottbus nicht ausfallen, hieß es am Mittwoch übereinstimmend aus dem Innenministerium und der Landeswahlbehörde. „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren“, sagte auch Amtsdirektor Perko. Das Problem: Die Kommunalwahl wird in den neuen Gemeindegrenzen stattfinden, obwohl das Verfassungsgericht noch nicht über die Klagen gegen die Neugliederung entschieden hat. Ein Urteil vor dem 26. Oktober wäre zu begrüßen, sagte Perko. Sollte das Verfassungsgericht die vom Landtag beschlossene Neugliederung später für nichtig erklären, müsste auch die Kommunalwahl annulliert und wiederholt werden. „Wir arbeiten schnell, aber wir können uns nicht unter Druck setzen lassen“, betonte hingegen Verfassungsgerichtspräsident Peter Macke. Er gab zu verstehen, dass eine Urteil vor der Wahl wegen der Belastung des Gerichtes – dort sind allein rund 200 Klagen gegen Zwangsfusionen anhängig – sehr unwahrscheinlich ist. Das Gericht trifft sich zur nächsten regulärem Verhandlung erst am 16. Oktober. Macke verwies auf eine einstweilige Anordnung des Gerichtes, wonach die Kommunalwahl zwar in den neuen Gemeindegrenzen stattfinden könne, aber die neu gewählten Vertretungen bis zur endgültigen Klärung keine Entscheidungen fällen dürfen, „die eine Rückkehr in die alten Strukturen erschweren.“
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