Brandenburg: Landtag beschließt höheren Beamtensold
Polizeibeamte drohen mit einer Klagewelle
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Potsdam - Die rund 34 000 Landesbeamten in Brandenburg bekommen deutlich mehr Geld – und doch herrscht Unzufriedenheit. Am Mittwoch verabschiedete der Landtag mit großer Mehrheit ein Gesetz, wonach die Beamten in den nächsten vier Jahren bis 2020 neben der Tariferhöhung für die Beschäftigten des öffentliches Dienstes eine Besoldungserhöhung von jeweils 0,5 Prozent bekommen. Sonderregelungen gibt es für viele Oberschullehrer, die ab August durch eine höhere Soldstufe 400 bis 600 Euro pro Monat mehr kommen. Das soll helfen, in den kommenden Jahren Tausende neue Lehrkräfte zu gewinnen.
In einem Punkt herrschte bei der Abstimmung zwischen Koalition und Teilen der Opposition aber Uneinigkeit – beim Umgang mit verfassungswidrig zu niedrigem Sold in den Jahren 2004 bis 2014. Das von Rot-Rot wegen des Streits deutlich nachgebesserte Gesetz sieht vor, dass nur die 300 Beamten, die geklagt oder Widerspruch eingelegt hatten, komplett entschädigt werden. Dem Rest der Landesbeamten soll 2000 Euro auf vier Tranchen bis 2020 verteilt als sogenannter Attraktivitätszuschuss überwiesen werden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) protestiert dagegen seit Wochen. Sie fordert 3000 Euro. Den Beamten seien im Einzelfall zwischen 3800 und 10000 Euro entgangen. GdP-Landeschef Andreas Schuster kündigte nach dem Landtagsbeschluss die von ihm angedrohten Klagen an. Damit wollten Tausende Beamte sicherstellen, bei künftigen Verfassungsbrüchen auch den ihnen zustehenden Sold nachträglich zu bekommen.
Zuvor war eine Einigung mit Rot-Rot in mehreren Gesprächen an der Mindestforderung der GdP gescheitert. Gestützt wird sie von mehreren anderen Gewerkschaften der Polizei, des Strafvollzugs, von Steuerbeamten und Ministerialbeamten. Schuster sagte: „Wir haben die Sonntagsreden satt, in denen uns immer, wenn Kollegen verletzt oder getötet werden, die tiefempfundene Solidarität und Wertschätzung versichert und das Blaue vom Himmel versprochen wird.“ Die Landesregierung habe in den vergangenen Wochen gezeigt, „wie sie es mit dem Umgang mit den eigenen Bediensteten hält“.
Finanzminister Christian Görke (Linke) sagte, es sei die größte Besoldungserhöhung in Brandenburg seit Jahren. „Das ist das Maximum, das derzeit möglich war.“ Angesichts der Bestrebungen in vielen Bundesländern, mit Besoldungserhöhungen um Nachwuchs zu buhlen, forderte Görke wie zuvor Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) eine bundeseinheitliche Regelung. „Es ist Zeit für eine einheitliche Besoldung in der Bundesrepublik Deutschland.“ Ohne Tarifübernahme kostet der Aufschlag 230 Millionen Euro. Durch die Zusage der Tarifübernahme ab 2019 dürfte die Summe über 300 Millionen Euro steigen.
René Wilke (Linke) sagte, der Kompromiss sorge auch für Unzufriedenheit bei Steuerzahlern und Angestellten. Für mehr als 200 Millionen Euro hätte das Land auch in die Beitragsfreiheit für die Kitas einsteigen können. Bei dem Kompromiss gehe es nicht nur um den Betriebsfrieden in der Beamtenschaft, Rot-Rot habe auch den gesellschaftlichen Frieden im Blick zu behalten. Die nun gefundene Lösung sei aber kein Akt der Großherzigkeit, sondern ein Stück Gerechtigkeit. Und Wilke räumte Fehler ein: „Dass die Beamten nicht verfassungskonform besoldet wurden, ist ein Unding. Wir haben uns dafür zu entschuldigen und zu versichern, dass so etwas nie wieder passieren darf.“
Der CDU-Abgeordnete Steeven Bretz kritisierte, dass nur diejenigen, die Klage oder Widerspruch gegen ihre Besoldung eingelegt haben, nun komplett eine Kompensation erhalten. Da fühlten sich die Beamten, die auf die Verfassung geschworen hätten, verballhornt. Wer Gerechtigkeit fordere, müsse diese auch dort einlösen, wo er zuständig sei. Zudem kritisierte er, wie die rot-rote Koalition mit den Gewerkschaften umgegangen sei. Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte angesichts der Proteste von Gewerkschaften, die rot-rote Koalition habe sich selbst ohne Not in die Defensive gedrängt.
Verabschiedet wurde auch ein Entschließungsantrag. Demnach soll die Landesregierung bis Mitte 2018 ein „Konzept zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes“ entwickeln. Damit hatte die Koalition zuletzt versucht, den Widerstand der Gewerkschaften zu brechen. GdP-Landeschef Schuster sagte, das sei reine Hinhaltetaktik, die Pläne lägen längst in den Schubladen, es habe bislang aber der politische Wille gefehlt. Nötig seien zeitnahe Abschlüsse, die GdP sei gesprächsbereit.Alexander Fröhlich
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