Brandenburg: Letzter Prozess
Fette Beute, große Fahndung: Letztes Mitglied der Schlapphut-Bande vor Gericht
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Potsdam/Neuruppin - Hundertschaften lagen auf der Lauer, um eine der größten Serien von Banküberfällen in der deutschen Nachkriegsgeschichte zu stoppen. 52 brutale Überfälle in sieben Bundesländern verübte die „Schlapphut“-Bande zwischen 2002 und 2005. Die Beute: 3,6 Millionen Euro. Die aufwendigen Ermittlungen gegen die mit breitkrempigen Hüten maskierten Täter – allein in Brandenburg waren mehrfach bis zu 450 Beamte gleichzeitig im Einsatz – führten zum Erfolg. Teils nach langer Flucht konnten die mutmaßlichen Köpfe gefasst werden. Am heutigen Freitag steht der vierte und letzte Hauptbeschuldigte in Neuruppin vor Gericht.
„Damit steht das Kapitel Schlapphut-Bande vor dem Abschluss“, sagt Ralf Roggenbuck von der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Federführend hatte sie Ermittlungen gegen zehn mutmaßliche Banden-Mitglieder geführt. Gegen vier Männer ergingen Anklagen: In Potsdam wurden daraufhin bereits 2006 zwei Bankräuber zu langjährigen Haftstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Im August dieses Jahres erhielt ein 38-Jähriger, der als Chef-Logistiker der Bande gilt, zwölfeinhalb Jahre Haft. Das Urteil des Landgerichts Göttingen ist noch nicht rechtskräftig. In Neuruppin wird nun gegen einen 37-Jährigen verhandelt, der 2004 in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit Mittätern drei Sparkassen sowie einen Geldtransport überfallen haben soll. Auf sein Konto geht laut Anklage auch der missglückte Überfall auf eine Sparkasse in Freyenstein (Ostprignitz).
Ursprünglich war gegen sechs mutmaßliche „Schlapphüte“ ermittelt worden. Bei vier von ihnen bestätigte sich laut Roggenbuck der Tatverdacht nicht, gegen zwei „Randfiguren“ stellte die Staatsanwaltschaft die Verfahren wegen Verurteilungen in anderen Fällen ein.
Die Erfolgsmeldung kam im Januar 2006: Die Serie von Banküberfällen der seit eineinhalb Jahren intern bei der Polizei als „Schlapphut-Bande“ geführten Täter sei aufgeklärt. Der Presse präsentierten die Ermittler ein ganzes Waffenarsenal. Bei dem für den Gesamteinsatz zuständigen Polizeipräsidium Potsdam waren während der Jagd auf die deutsch-polnische Bande ständig 30 Beamte mit dem Komplex befasst, wie Sprecher Rudi Sonntag rückblickend erzählt. Hinzu kamen täglich bis zu 85 Beamte der Spezialeinsatzkräfte Landeskriminalamtes. Mehrfach wurden mögliche Zielobjekte observiert, denn die Bande ging immer nach dem gleichen Schema vor: Die Täter spähten zumeist kleine Filialen aus. Dann überfielen sie, bewaffnet mit Maschinenpistolen, meist zu zweit, die Sparkasse oder Bank und waren nach fünf bis acht Minuten auf und davon.
Allein 21 Mal trieben die Männer in Brandenburg ihr Unwesen. Die Spur ihrer Überfälle zog sich aber auch durch Sachsen-Anhalt (11 Überfälle), Mecklenburg-Vorpommern (6), Sachsen (5), Hessen (4), Niedersachsen (3) und Thüringen (2). Wie viel von den Millionen noch übrig war, als die Haupttäter gefasst wurden, ist nicht bekannt. Imke Hendrich
Imke Hendrich
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