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Brandenburg: Liebestoller Schatzmeister
Prüfbericht der Grünen: Christian Goetjes zweigte mehr als 200 000 Euro für die Angebetete von Parteikonten
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Potsdam - Undurchsichtige Belege, gefälschte Haushaltsberichte und Kreditkarten: Der unter Untreueverdacht stehende Ex-Schatzmeister der brandenburgischen Grünen hat sich im Liebeswahn viel einfallen lassen, um seiner Partei Geld für seine Freundin abzuknöpfen. Eine am Dienstag von der Parteispitze vorgelegte Bilanzprüfung ergab: Christian Goetjes (33) hat seit April 2010 mehr als nur die bislang bekannten 40 000 Euro von den Parteikonten abgezweigt – es waren exakt 201 699,09 Euro. Geld, das die Grünen zum größten Teil für den Landtags-Wahlkampf 2014 sparen wollten. Beim Kreisverband der Grünen veruntreute Goetjes zudem 7100 Euro.
Der komplette Etat der Landes-Grünen für dieses Jahr ist zwar nicht in Gefahr, aber formal hinfällig, ein Parteitagsbeschluss vom November basiert auf von Goetjes fingierten Zahlen. Einen Zwischenbericht zur Kassenlage hatte der 33-Jährige gefälscht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Goetjes. „Wir prüfen die Höhe des entstandenen Schadens“, sagte ein Sprecher.
Nun ist der Landesverband auf einen Kredit der Bundespartei angewiesen und kann die Verluste zum Teil durch Sparmaßnahmen und höhere staatliche Parteienfinanzierung dank Erfolgen bei Landtagswahlen in anderen Bundesländern ausgleichen. Deshalb werde die Partei trotz des Schadens die für „2014 geplanten Wahlkampfrücklagen voraussichtlich aufbauen können“, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Brief des Landesvorstands an die Grünen-Mitglieder.
Von Goetjes aber, der als Landesschatzmeister zehn Jahre lang die Kassen führte, ist die Landesparteispitze „maßlos enttäuscht“. Goetjes kam „mit offensichtlich krimineller Energie“ und einem ausgeklügelten System an das Geld, sagte Landesparteichef Benjamin Raschke. Es waren Margen von 500 und 3000 Euro, versteckt in Sammelüberweisungen mit falschem Verwendungszweck, die er auf sein eigenes Konto überwies. Und er zahlte seine Einkäufe etwa für ein Fahrrad, für ein Telefon und Möbel auf Parteikosten per Kreditkarte und mit Kundenkarten. Den „Doppelcheck“, das sogenannte Vier-Augen-Prinzip, mit dem Zahlungen vom Konto durch nur ein Mitglied des Landesvorstandes verhindert werden sollen, hat er damit ausgehebelt. Auch bei den Kreis-Grünen in Oberhavel zweigte Goetjes als Schatzmeister Gelder ab, es waren fast 7100 Euro. Stets ging Goetjes geschickt vor: Die Konten waren gedeckt, alle Rechnungen wurden gezahlt, „so das keine Auffälligkeiten durch negative Kontostände oder Mahnungen von Gläubigern auftraten“, wie es im Abschlussbericht der Prüfkommission heißt.
Dann aber hob Goetjes Ende Februar 40 000 Euro von Parteikonten ab und tauchte mehrere Wochen unter. Anlass waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Eberswalde in einem Geldwäscheverfahren. Goetjes wurde vorgeladen, weil er im Sommer 2010 auffällige Summen an eine Bulgarin überwies – laut Ermittlern seine Geliebte. Bekannt ist, dass der 33-Jährige eine bulgarische Freundin hatte, es gab auch Spekulationen über eine bulgarische Prostituierte, die Goetjes freikaufen wollte. Er sei in den Monaten vor seiner Flucht sehr häufig nach Bulgarien gereist, hieß es aus Parteikreisen.
Fahnder fassten den langjährigen Schatzmeister dann Ende März in Berlin und fanden die in einer Wohnung versteckten Finanzunterlagen der Partei. Ein Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Goetjes lebt jetzt in Berlin und muss sich regelmäßig bei der Polizei melden. Nach der Festnahme war Goetjes aus der Partei ausgetreten. In einem Brief hat Goetjes dem Vorstand lediglich mitgeteilt, dass er sich zu den Vorfällen vorerst der Partei gegenüber nicht äußern werde. Die Grünen haben inzwischen ihre Kassenregeln auch für „Online-Banking“ verschärft. Barabhebungen sind nicht mehr möglich. Die Partei will nun das Geld von Goetjes zurückzufordern. Eine Zivilklage steht bevor.
Von dem Geld ist aber nichts mehr übrig, und auch mit der Liebe ist es vorbei. Seine bulgarische Freundin ist Goetjes jedenfalls los. Sie sei mit dem Parteigeld durchgebrannt, hieß es aus Parteikreisen.
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