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Brandenburg: Linke-Basis fordert Machtwort

Kritik an SPD-Vorstoß zur Abschaffung der Kreise

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Während die Mitte Februar neu gewählte Parteiführung, aber auch die Fraktionsführung der Linken betont gelassen auf den Koalitionsvertrag pochen, der eine Kreisgebietsreform bis zur Landtagswahl 2014 ausschließt, rumort es an der Basis.

Anlass ist ein Vorschlag von SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher, die Landkreise abzuschaffen und deren Aufgaben an größere Kommunalverbände und das Land zu übertragen. Drei Linke-Kreisvorsitzende werfen Holzschuher nun vor, eine Debatte zur Unzeit angezettelt zu haben. Der SPD-Fraktionschef befinde sich auf dem Holzweg, erklärten Sebastian Walter (Barnim) und Sascha Krämer (Potsdam). Holzschuher verunsichere die Menschen vor Ort, zumal schon die letzte Kreisgebietsreform aus dem Jahr 2003 die Lage kaum verbessert habe. Der Linke-Kreischef von der Oder-Spree, Peer Jürgens, sagte, der „Vorschlag ist fast schon fahrlässig“ in einer Situation, in der im Land über Reformen bei der Polizei und im Kulturbereich diskutiert werde. Erneut presche die SPD mit Vorschlag zum Umbau des Landes vor, für den eigentlich die Enquetekommission des Landtags Vorschläge erarbeiten solle.

Zugleich übten die Kreischefs Kritik an Partei- und Fraktionsführung. Jürgens sagte, er sei „enttäuscht, dass es keine klare Äußerung“ dazu gebe. Beim Beschluss des Landesparteitags zum Ausstieg aus der Braunkohle sei die Basis noch vor einem Koalitionsbruch gewarnt worden. Jetzt aber fehlten klare Aussagen, dass der SPD-Vorstoß „nicht unser Vorschlag ist und Holzschuher damit allein steht“. Der Koalitionsvertrag sei in dieser Frage eindeutig, „alle Seiten sollten sich daran halten“, sagte der Linke-Chef von Oder- Spree. Krämer und Walter warfen der SPD vor, „die Grenzen des Koalitionsvertrages“ immer wieder zu überschreiten. Eine Debatte über den Neuzuschnitt der Landesstrukturen „geht nur mit den Menschen vor Ort“. Eine Debatte von oben sei „auf Dauer unbefriedigend und nicht der richtige Weg“. Für die Linke bleibe die lokale Selbstverwaltung das Ziel.

Der Prignitzer Linke-Kreischef Thomas Domres äußerte sich moderater, zumal er nun als Vize-Landesparteichef auch selbst Verantwortung für den Kurs der Partei und den Koalitionsfrieden trägt. Zwar gelte der Koalitionsvertrag, aber man dürfte Holzschuhers Vorschlag nicht verteufeln. In dieser Wahlperiode würden die Landkreise keinesfalls angetastet. Aber es dürfte keine Denkverbote geben. Dies hatte auch Ministerpräsident und SPD-Landeschef Matthias Platzeck (SPD) stets gefordert.

Tatsächlich ist Holzschuhers Vorschlag nicht umsetzbar. Der Potsdamer Staatsrechter Thorsten Ingo Schmidt hatte den PNN gesagt, Landkreise könnten nicht abgeschafft werden, weil „das Grundgesetz diese Ebene zwingend verlangt“. Paul-Peter Humpert, Geschäftsführer des Landkreistages, sagte: „Das ist Unsinn und verfassungsrechtlich nicht möglich.“ Der Vorsitzende des Landkreistages, Oberhavel-Landrat Karl- Heinz Schröter (SPD), sprach von einem neuen „Höhepunkt in einer Reihe von irrlichternden Ideen“. In der SPD-Landtagsfraktion selbst ist von einem Testballon die Rede, um die Debatte zur Zukunft der Landkreise möglichst auszureizen. Alexander Fröhlich

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