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Erste Konsequenz. Der wegen seiner Stasi-Verstrickung kritisierte Gerd-Rüdiger Hoffmann, lässt sein Amt als Kreisvorsitzender der Linken ruhen.

© Bernd Settnik/dpa

Brandenburg: Linke-Politiker reagiert auf Stasi-Vorwurf

Hoffmann lässt Kreisvorsitz ruhen / Berliner SPD-Politiker attackiert Platzeck wegen Umgang mit Stasi

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Senftenberg/Potsdam/Berlin - Der unter Stasi-Verdacht geratene Landtagsabgeordnete der Linken, Gerd-Rüdiger Hoffmann, lässt sein Amt als Kreisvorsitzender der Partei in Oberspreewald-Lausitz vorerst ruhen. Das bestätigten Mitglieder des Kreisvorstandes dieser Zeitung. Hoffmann habe den vorläufigen Amtsverzicht auf einer Mitgliederversammlung des Kreisverbandes am Samstag erklären lassen, an der er selbst wegen Krankheit nicht teilnehmen konnte.

Hoffmann beteuerte in der Erklärung nochmals, sich nicht erinnern zu können, 1970 eine Verpflichtungserklärung für die Stasi unterschrieben zu haben. Der heute 57-jährige kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion soll als Jugendlicher und Soldat als „IM Schwalbe“ für die Stasi gearbeitet haben. Er bestritt dies bislang. Nachdem eine handschriftliche Verpflichtungserklärung auftauchte, räumte er nun in seiner Erklärung ein, dass es eventuell „eine Kluft zwischen seiner Erinnerung und der Realität gebe“ (PNN berichteten).

„Gerd-Rüdiger Hoffmann war damals gerade 17, als er angeblich diese Erklärung abgegeben hat“, sagt Anton Faust, der Mitglied im Vorstand des Kreisverbandes Oberspreewald-Lausitz ist: „Da sind so viele Fragen offen“. Daher habe der Kreisverband auch beschlossen, dass sich Hoffmann nach seiner Genesung den Fragen und der Bewertung der Basis stellen muss. „Das ist keine Entsolidarisierung oder Diffamierung“, sagt Anton Faust: „Wir wissen, was Gerd-Rüdiger Hoffmann hier im Kreis geleistet hat, er genießt große Anerkennung. Aber nun sind diese Anwürfe gegen ihn aufgetaucht und die kann man nicht einfach beiseite schieben. Es besteht Klärungsbedarf“.

Faust sagte, die Mitgliederversammlung sei nicht wegen Gerd-Rüdiger Hoffmann einberufen worden, sondern wegen der Wahl eines Kandidaten für die Landratswahl und der Abgeordneten für den Landesparteitag. Er habe selbst in den vergangenen Wochen mehrere Gespräche mit dem Beschuldigten geführt, in dem dieser immer wieder beteuert habe, sich nicht an die Verpflichtungserklärung erinnern zu können. „Es ist schade, dass er jetzt so schwer erkrankt ist“, sagte Kreisvorstands-Mitglied Faust: „Aber das hat sicher viel mit dem öffentlichen Druck auf ihn zu tun.“ Ob Hoffmann auch auf sein Landtagsmandat verzichtet, ist offen. Er hatte dies bisher abgelehnt, obwohl er von seiner Landtagsfraktion dazu aufgefordert worden war.

Unterdessen hat der Verfassungsschutzexperte der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Tom Schreiber, den Umgang der Brandenburger Sozialdemokraten mit Stasi-belasteten Linken kritisiert. Die Potsdamer Landesregierung sei an einem Punkt angekommen, wo dem „grauenhaften Theater der Linkspartei“ ein Ende gemacht werden sollte, sagte Schreiber in einem ddp-Gespräch. Die rot-rote Koalition in Brandenburg wird derzeit durch die Stasi-Verstrickungen mehrerer Abgeordneter belastet.

Schreiber, der in Ost-Berlin geboren wurde und zum rechten Parteiflügel gezählt wird, forderte von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), die Problematik im Koalitionsausschuss zu thematisieren. Gerade weil die Ost-SPD 1989 im brandenburgischen Schwante gegründet wurde, habe die SPD dort bezüglich der DDR-Aufarbeitung eine besondere Verantwortung gegenüber der Gesamtpartei. Anderenfalls könne sie sich „ihre ganze Erinnerungskultur sparen“.

Wie die Linke mit den immer neuen Veröffentlichungen umgehe, schlage „dem Fass den Boden aus“, sagte Schreiber. Die SPD Brandenburg solle nicht nur „endlich aufwachen“, sondern die immer neuen Stasi-Fälle als Signal sehen, dass sie vom Koalitionspartner getäuscht worden sei, sagte Schreiber. Er forderte Konsequenzen und „eine klare Ansage“, wie die SPD weiter damit umgehen will. Auf jeden Fall müsse die Zeit der „salbungsvollen Worte“ vorbei sein. Es sei jedoch seit 1990 versäumt worden, solche Fälle auch juristisch zu ächten, kritisierte Schreiber. Selbst im Einigungsvertrag finde das Thema nicht statt. Inzwischen könnten veröffentlichte Stasi-Fälle nur noch moralisch verurteilt werden. Mehr denn je sei es aber notwendig, deutlich zu machen, wie die alten Strukturen noch funktionierten. „Die Linke kann sich bald wieder umbenennen in SED“, sagte Schreiber. Er fügte hinzu: „Mich wundert, dass sie nicht Ex-SED-Parteichef Egon Krenz oder das frühere Politbüro-Mitglied Günter Schabowski fürs Kabinett nominiert haben.“

Sandra Daßler mit ddp

Sandra Daßler mit ddp

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