zum Hauptinhalt

Brandenburg: Linke Reserven

Stefan Ludwig soll am Wochenende neuer Landesparteichef werden. Weil die Basis murrt, will er eigene Erfolge im rot-roten Bündnis besser kommunizieren.

Stand:

Potsdam - Brandenburgs Linke hat ein Problem, sie verkauft sich schlecht. Das räumte der designierte neue Landesvorsitzende Stefan Ludwig (44) wenige Tage vor seiner Wahl beim bevorstehenden Landesparteitag in Blossin (Dahme-Spreewald) ein. Er löst dann Thomas Nord an der Spitze ab, der maßgeblich das derzeit einzige rot-rote Regierungsbündnis auf Landesebene mit der SPD zustande gebracht hatte. Allerdings gibt es intern massive Kritik am Erscheinungsbild von Partei und der Landtagsfraktion in der Koalition – und die nimmt Ludwig überaus ernst. Es gebe Reserven im Regierungshandeln, „in der Öffentlichkeitsarbeit unserer Kabinettsmitglieder“ und in der Darstellung der eigenen Erfolge. „Das ist in der Vergangenheit zu kurz gekommen“, sagte Ludwig. Sogar die internen Konflikte zwischen der Spitze der Landtagsfraktion und einzelnen Linke-Ministern räumte er als Mängel im „solidarischen Miteinander“ ein.

Der designierte Parteichef und frühere Bürgermeister von Königs Wusterhausen setzt auf Offenheit, spricht sogar davon, dass viele Genossen ihn als farblos und zu zurückhaltend empfinden. Dies werde mit seiner Wahl eine Ende haben, sagte der Jurist und vierfache Vater. Seit seiner Nominierung im Sommer tourte Ludwig durchs Land und hörte sich an der Basis um. Was er dort zu hören bekam, war nicht immer schmeichelhaft für die als führungsschwach kritisierte Fraktionschefin Kerstin Kaiser und auch Ludwig als Fraktionsvize selbst.

Bestes Beispiel ist ein interner Brief mehrerer Genossen, darunter der Bürgermeister von Nuthethal, Hohen Neuendorf und Templin. Sie kritisieren, dass bürgernahe Positionen „oft mit Hinweis auf den Koalitionspartner“ wenn überhaupt „nur verhalten kommuniziert“ oder sogar verlassen werden. Zudem kritisieren die 13 Unterzeichner den Stil der Linke, der Mitglieder, Sympathisanten und Wähler „auf Dauer verprellt“. Die Partei sei im Begriff ihr Vertrauen zu verspielen. Positionen der Linken seien „nicht sichtbar und noch weniger wirksam“. Die Landtagsfraktion halte zwar in der Koalition die politischen Fäden mit in der Hand, aber warte darauf, dass die SPD daran ziehe. Sie habe sich nicht konsequent für ein Nachtflugverbot am neuen Hauptstadtflughafen Schönefeld eingesetzt oder reagiere nicht wahrnehmbar darauf, wie sich die SPD mit ihren Ideen zur Kreis- und Gemeindegebietsreform profiliert.

Einer der Unterzeichner, Udo Böhlefeld, trat aus Protest gegen den Kurs der Linke als Regierungspartei aus. Er war bis Herbst 2011 immerhin Vize-Kreisparteichef in Potsdam-Mittelmark. „Die Linke vermittelt den Eindruck, als habe sie Angst, die SPD würde ihr den Stuhl vor die Tür setzen und handelt dann oft in vorauseilendem Gehorsam“, sagte er den PNN. „In der Bildung hat sich nichts verbessert, obwohl das eine zentrale Forderung im Wahlprogramm war“, sagte Böhlefeld.

„Unsere Bilanz kann sich sehen lassen“, sagte dagegen Ludwig. Es gebe 2000 statt der ursprünglich vereinbarten 1250 zusätzlichen Lehrer, den Schulen bleibe eine neue Reform erspart, eine Kreis- oder Gemeindegebietsreform sei bis 2014 ausgeschlossen, Gerichtstandorte blieben erhalten, der Personalabbau im Zuge der Polizeireform sei abgeschwächt, und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, laut Ludwig der „geheime Arbeitsminister“, habe mit dem Vergabegesetz den Mindestlohn eingeführt. „Wir haben Brandenburg nach links verschoben .“ Die Linke sei die „Partei der sozialen Frage“. Ludwig will sie nun als Partei „für denAlltag“, für Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung etablieren – auch mit Blick auf den von der SPD forcierten Umbau des Landes.

Dass das aber kaum wahrgenommen wird, die Linke kaum Nutzen aus der Regierungsbeteiligung zieht, wie eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Umfrage zeigt, erklärt Ludwig mit Parteikultur: „Wir reden von Regierungsbeteiligung, die SPD regiert.“ Die Linke stelle sich weniger in den Vordergrund, sondern arbeite an Lösungen. „Wir gehen den langen Weg.“ Damit das alles besser ankommt, hat Ludwig als Kandidatin für sein vierköpfiges Stellvertreterteam Vize-Regierungssprecherin Regine Krahnert gewonnen. Krahnert, die in den 1990er Jahren Fraktions- und Parteiämter inne hatte, könne bei einer Verbesserung der Kommunikation helfen, sagte Ludwig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })