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REGIONALER BAHNVERKEHR: Linke setzt sich gegen SPD durch

Minister Vogelsänger verzichtet auf Stilllegung von Regionallinien. Die Prignitz-Strecken sind bis 2015 gesichert.

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Potsdam - Entgegen ersten Ankündigungen werden im Land Brandenburg vorerst keine regionalen Bahnstrecken stillgelegt. Trotz der knappen Landeskasse und der teils geringen Auslastung von Zügen würden für 2013 keine Linien abbestellt, sagte Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Montag in Potsdam auf einer Regionalkonferenz des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB). Allerdings müssten auf einigen Strecken die Takte ausgedünnt werden. Gegenüber 2012 werde sich das Bestellvolumen bei den Bahnunternehmen um zwei Prozent verringern. Das Volumen sei jedoch immer noch höher als 2011. Neue S-Bahn-Strecken würden nicht mehr geplant, so Vogelsänger. Endgültig vom Tisch seien unter anderem die Stammbahn von Zehlendorf bis zum Europarc Kleinmachnow-Dreilinden und eine S-Bahn-Anbindung der Stadt Velten.

Der Minister stellte auf der Regionalkonferenz die Eckpunkte für den Landesnahverkehrsplan 2013 bis 2017 vor. Noch im März hatte er angekündigt, dass sich Bahnkunden auf weitere Streckenstilllegungen einstellen müssten. Es gebe eine Reihe von Verbindungen mit weniger als 500 Fahrgästen pro Tag. Wie berichtet hatte sich jedoch der SPD-Koalitionspartner, Die Linke, vehement gegen Stilllegungen ausgesprochen und Vogelsänger vor eigenmächtigem Handeln gewarnt. Linke-Verkehrsexpertin Kornelia Wehlan hatte auf den Koalitionsvertrag verwiesen, in dem Stilllegungen ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Wie Wehlan gestern den PNN bestätigte, habe man sich erst am Freitag im Koalitionsausschuss geeinigt. Die Linke sehe den nun vorliegenden Kompromiss „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, so die Verkehrsexpertin ihrer Fraktion. „Wir konnten uns zwar bei den Stilllegungen durchsetzen, aber die Ausdünnungen nicht verhindern.“ Diese seien für den ländlichen Raum nur schwer zu verkraften. „Diese Kröte ist für uns nur schwer zu schlucken“, sagte Wehlan.

Besonders hart betroffen von den Kürzungen ist der Landkreis Prignitz. Dort ist eine Stilllegung der Linien von Neustadt (Dosse) nach Pritzwalk sowie von Pritzwalk bis Meyenburg bereits absehbar. 2013 und 2014 wird es dort nur noch reduzierten Zugverkehr geben. Das Land stellt dafür nur noch 2,5 Millionen statt bisher fünf Millionen Euro zur Verfügung. „In den kommenden zwei Jahren hat die Region Zeit sich mit einem neuen Nahverkehrsonzept auf die veränderten Bedingungen einzustellen“, so Vogelsänger. Ab 2015 werde das Land kein Geld mehr für die beiden Linien zahlen, die derzeit von der Prignitzer Eisenbahn betrieben werden. „Es ist nicht mehr zu rechtfertigen, Züge zu bezahlen, in denen teilweise nur fünf Fahrgäste sitzen“, erklärte Vogelsänger.

Insgesamt sind 23 Linien von den Angebotsreduzierungen betroffen. „Keine Region muss jedoch Angst davor haben, vom Schienennetz abgehängt zu werden“, so der Minister. Die Reduzierungen begründete der Minister auch mit enormen Kostensteigerungen für Infrastruktur und Energie. Insgesamt werde der Finanzrahmen für Bestellungen in den kommenden Jahren deutlich geringer sein. So seien die Regionalisierungsmittel des Bundes nur noch bis 2014 festgeschrieben und damit gesichert. Winfried Wolf vom Fahrgastverband „Pro Bahn“ zeichnete eine düstere Prognose. „Die jetzt ausgedünnten Strecken, sind die nächsten, die weiteren Sparzwängen stillgelegt werden“.

FDP-Infrastruktursprecher im Landtag, Gregor Beyer, warf Vogelsänger vor, gegenüber den Linken eingeknickt zu sein. „Der Kompromiss, Linien auszudünnen, ist wirkungslos und ändert nichts daran, dass wieder insbesondere die ländlichen Regionen abgehängt werden“, kritisierte Beyer. Grünen-Verkehrsexperte Michael Jungclaus dagegen, begrüßte, dass es keine Stilllegungen geben soll, warnte aber vor Ausdünnungen. Dies sei der falsche Weg, viel mehr müsse Rot-Rot auf Bundesebene hart verhandeln. „Der Bund muss auf eine Absenkung der Regionalisierungsmittel verzichten und die im Besitz des Bundes befindliche Bahn AG ihre überzogenen Renditeerwartungen herunterschrauben“, sagte Jungclaus.

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