Brandenburg: Linke will Kreisreform entschärfen
Mindesteinwohnerzahl soll gesenkt und die großen Städte für die Einkreisung entschädigt werden
Stand:
Potsdam - Die Linken wollen die von der rot-roten Regierungskoalition geplante Kreisgebietsreform entschärfen, nach der es in Brandenburg ab 2019 statt bisher achtzehn nur noch maximal zehn Landkreise geben soll. Parteichef Christian Görke stellte am gestrigen Mittwoch in Potsdam einen Leitantrag zur Verwaltungsstrukturreform vor, der auf einem Parteitag am Wochenende beschlossen werden soll. Zwar halten demnach auch die Linken an der Einkreisung von bisher kreisfreien Städten wie Brandenburg, Cottbus und Frankfurt fest, koppeln diese aber an finanzielle Entlastungen. Vor allem aber wollen sie sich dafür einsetzen, die Mindesteinwohnerzahl für die künftigen Landkreise auf 150 000 Einwohner herunterzusetzen. „Das ist die Prämisse, für die wir werben“, sagte Görke. Und das ist ein zentraler Punkt der bisherigen rot-roten Pläne für die Kreisreform.
Der von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) vorgelegte Leitbild-Entwurf für die Reform sieht bisher dagegen vor, dass die neuen Kreise mindestens 175 000 Einwohner haben sollen, und zwar nach den Prognosen für das Jahr 2030. Diesen Entwurf hatten Kabinett und Koalition auf den Weg gebracht. Er war auf öffentlichen Veranstaltungen in den letzten Wochen zur Diskussion gestellt worden, bei denen Görke als Finanzminister – er ist auch Vize-Regierungschef – auf dem Podium saß. Das Einknicken der Linken hat deshalb Brisanz für das Bündnis. Am Mittwoch wurde deshalb zwischen den Spitzen intensiv telefoniert.
Danach entschied Schröter, noch keinen Kommentar abzugeben. Er handle „erst einmal nach der preußischen Beschwerdeordnung – also eine Nacht darüber zu schlafen“, so der Minister. Auf den Veranstaltungen hatte er davor gewarnt, bei der Reform zu kurz zu springen. Kreise mit 150 000 Einwohnern seien das Ziel der Kreisgebietsreform 1993, also vor mehr als zwanzig Jahren gewesen, was nicht ganz geschafft worden sei, hatte er etwa erklärt. „Das wäre dann nur die Reparatur von 1993.“ Von der Größe der künftigen Kreise hängt ab, welche Landesaufgaben und Landesämter dorthin übertragen werden sollen. Je kleiner die Kreise sind, umso weniger wird die Landesverwaltung verändert.
Ein Jahr vor der geplanten Verabschiedung des endgültigen Leitbildes legen sich die Linken, Juniorpartner in der rot-roten Koalition, auf erste Eckpunkte fest. Nach dem Beschlussentwurf wollen die Linken etwa, „dass die bisherigen Kreisgebiete bei Fusionen nicht geteilt werden“, dass es durch Fusionen „nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.“ Klar sei, dass es ein Teilentschuldungsprogramm geben werde, so Görke. Bislang ist geplant, dass es zur Hälfte aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleich im Landeshaushalt finanziert wird, was die Kommunalebene massiv kritisiert. Görke sagte, der Landesanteil werde „mindestens 50 Prozent“ sein müssen.
Bei den Veranstaltungen hatte es die größten Widerstände in Brandenburg/Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) gegeben, die nicht in neuen Großkreisen aufgehen wollen. Doch daran halten auch die Linken fest, aber unter Bedingungen. Zu den kreisfreien Städten heißt es in dem Papier, dass sie bei der Einkreisung „als Oberzentren gestärkt werden“, mit dem Ziel, Handlungsspielräume durch eine finanzielle Entlastung (Teilentschuldung) und eine sinnvolle Aufgabenverteilung zu erweitern. „Eine Einkreisung wird es nur geben, wenn die Städte gestärkt werden. Das ist die Grundvoraussetzung“, sagte Görke. Den Städten werde ein großer Teil ihrer Schulden in Höhe von insgesamt 526 Millionen Euro vom Land und den anderen Kommunen abgenommen, zudem sollen sie mehr Geld für kulturelle Einrichtungen wie Theater und Orchester bekommen.
Außerdem treten die Linken dafür ein, dass die Kreissitze der neuen Großkreise vom Landtag festgelegt werden – und nicht, wie bislang geplant, durch die neuen Kreistage. So soll – das ist der Hintergrund – gesichert werden, dass Cottbus, Frankfurt und Brandenburg nach dem Verlust der Kreisfreiheit wenigstens die Kreisstädte der neuen großen Regionalkreise werden.
„Nun droht dem Ministerpräsidenten sein wichtigstes Reformprojekt endgültig zu entgleiten“, kommentierte die kommunalpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Barbara Richstein, die Forderungen der Linken. „Bisher hat Woidke zur Kreisgebietsreform geschwiegen, jetzt muss er zusehen, wie sein wichtigstes Vorhaben zwischen den Interessen seiner Koalition zerrieben wird.“ Das lasse an der Handlungsfähigkeit der Regierung zweifeln.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: