Brandenburg: Linker Alleingänger
Ex-Minister Ralf Christoffers soll Landtagsfraktion führen. Der Abgeordnete René Wilke wartet noch und die Frauen zieren sich
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Potsdam - Die wochenlange Hängepartie um die Führung der Linke-Fraktion im Landtag Brandenburg ist beendet: Neuer Vorsitzender der kleineren Regierungsfraktion soll Ex-Wirtschaftsminister Ralf Christoffers werden. Am kommenden Dienstag soll der 59-Jährige, der als pragmatischer Realo gilt und für ein gutes Verhältnis zum SPD-Koalitionspartner steht, in der Partei wegen seines freundlichen Kurses für die Braunkohleverstromung im Land aber umstritten ist, zum Nachfolger der bisherigen Fraktionschefin Margitta Mächtig gewählt werden. Sie hatte das Amt vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Den Weg für Christoffers hatte zuvor der 30-jährige Abgeordnete René Wilke aus Frankfurt (Oder) freigemacht, der selbst eine Kandidatur erwogen hatte. Er war 2014 neu in den Landtag eingezogen und plädierte in seinen bisherigen öffentlichen Aussagen dafür, sich von der SPD nicht alles zu bieten zulassen. Er soll und will nun Vize-Fraktionschef werden. Wilke und Christoffers betonten am gestrigen Dienstag, dass die Entscheidung im Einvernehmen getroffen worden sei. „Es muss ja nicht so laufen wie bei der CDU, die sich gegenseitig schlachtet“, sagte Wilke. Beide hatten sich schon vor zwei Wochen darauf verständigt – mit Rückendeckung der Fraktion –, dass einer von beiden neuer Fraktionschef werden soll.
Wilke, mit 30 Jahren einer der Jüngeren in der Fraktion , führte für seinen Verzicht nun „persönliche Gründe“ an. Er verwies darauf, dass er erst seit letzten Herbst im Landtag sei und sich zudem weiter kommunalpolitisch für seine Heimatstadt Frankfurt (Oder) engagieren wolle. Wilke deutete an, dass er als Fraktionschef im Landtag etwa in der Debatte um die geplante Kreisgebietsreform, bei der Frankfurt (Oder) der Verlust der Kreisfreiheit droht, als Fraktionschef nicht mehr so frei hätte agieren können. Mit der Aufstellung leite man einen Generationswechsel ein, dies sei auch „ein Signal an die Partei“.
Die Linke hatte bei den letzten Landtagswahlen im September 2014 nach fünf Jahren Regierungsbeteiligung in einem rot-roten Bündnis massive Verluste einfahren müssen, worauf in der Partei – angeführt von Parteichef und Finanzminister Christian Görke – der Ruf nach einer stärkeren Profilierung und Abgrenzung gegenüber der SPD lauter geworden war.
Christoffers sagte, man habe mit der Lösung eine Variante gefunden, „wie wir uns inhaltlich politisch als Fraktion, auch in der Koalition und als Linke im Land neu aufstellen“. Er verwies darauf, dass bis 2017 die entscheidenden Weichen gestellt werden, von denen der Erfolg des zweiten rot-roten Bündnisses abhängen wird. Mit Blick auf die jüngste und nächste Landtagswahl 2019 sei es für die Linke „eine Herausforderung, Vertrauen zurückzugewinnen“.
Wilke betonte, dass die Personalentscheidung für Christoffers keine Richtungsentscheidung für einen Kuschelkurs gegenüber der SPD sei. „Es ist keine inhaltliche Entscheidung. Es ging allenfalls um Nuancen, in denen wir unterschiedliche Auffassungen haben“, sagte Wilke. „Auch ich stehe in Verantwortung, die Koalition zu halten.“ Er werde „nicht derjenige sein, der gegensätzliche Auffassungen zur Mehrheitsauffassung vertritt“.
Dieses Risiko ist tatsächlich bei Christoffers, dem designierten Vorsitzenden, nach dessen politischer Vita wohl weit größer. In seinen politischen Führungsämtern, ob als PDS-Landesvorsitzender 2001 bis 2005, wo er schon mal mit Aussagen über künftige Linke-CDU-Regierungen in Ostdeutschland in den eigenen Reihen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte, oder als Wirtschaftsminister 2009 bis 2014, wurden ihm jenseits seiner Fachkompetenz wiederholt einsames Agieren sowie mangelnde Kommunikations- und Teamfähigkeit vorgeworfen.
In der Linkspartei gilt nach den Satzungen eigentlich eine Frauenquote. Doch zu einer Kandidatur für den Vorsitz ist nach Angaben von Christoffers derzeit aber keine der Frauen in der Fraktion bereit gewesen. Im sechsköpfigen Vorstand der auf 17 Abgeordnete geschrumpften Fraktion sollen aber drei Frauen vertreten sein, neben Wilke soll eine Frau zweite Vize-Vorsitzende werden.
Thorsten Metzner
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