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Brandenburg: Linker Club erzwingt Korrektur Verfassungsschutz schwärzt erneut Bericht

Potsdam - Erneut muss der Brandenburger Verfassungsschutz seinen Jahresbericht korrigieren. Und erneut geht es dabei um den linksalternativen Jugendclub „Mittendrin“ in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin).

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Potsdam - Erneut muss der Brandenburger Verfassungsschutz seinen Jahresbericht korrigieren. Und erneut geht es dabei um den linksalternativen Jugendclub „Mittendrin“ in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin). Die betreffende, inzwischen gestrichene Passage in dem Jahresbericht 2011 war äußerst kurz. Auf Seite 149 hieß es in drei Zeilen, drei mutmaßliche Angehörige der rechten Szene seien am 23. August 2011 in Neuruppin (OPR) „von etwa 20 Personen aus dem Jugendwohnprojekt Mittendrin verfolgt und mit Steinen beworfen“.

Das Wohnprojekt aber widersprach Ende März dieser Darstellung und verlangte eine Korrektur. Demnach sollen drei stadtbekannte Neonazis ein Flugblatt mit rechter Propaganda an die Tür des linksalternativen Clubs befestigt haben. Daraufhin sollen die Hausbewohner die Rechtsextremisten verfolgt, festgehalten und der Polizei übergeben haben. Die Behörde erteilte den Neonazis Platzverweise. Das „Mittendrin“ erklärte, „dass keiner der Nazis angefasst oder gar verletzt worden ist“, vielmehr hätten die Bewohner „besonnen und gewaltfrei“ gehandelt. Die Polizei habe die Behauptung der Rechtsextremisten, mit Steinen beworfen worden zu sein, einfach übernommen.

Jetzt musste das Innenministerium einräumen, dass es ein Fehler war und die Vorwürfe nicht zu halten sind. „Der Sachverhalt ist noch einmal gründlich geprüft worden“, sagte Ministeriumssprecher Ingo Decker. Dazu wurden ein Bericht des Polizeipräsidiums und Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft herangezogen. „Das Ergebnis sieht so aus, dass der Verfassungsschutz die beanstandete Passage zurückzieht.“ Die angeblichen Steinwürfe hätten „im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht verifiziert werden“ können. Es gebe „unterschiedliche Aussagen und letztlich keinen ausreichenden Beleg“ für die Steinwürfe. „Vor diesem Hintergrund hätte diese Passage nicht in den Verfassungsschutzbericht 2011 aufgenommen werden dürfen“, sagte Decker. „Das bedauern wir sehr. Es ist auch kein Ruhmesblatt. Wir wollen in Zukunft dafür Sorge tragen, dass entsprechende Sachverhalte künftig noch gründlicher geprüft werden, bevor sie in den Bericht aufgenommen werden.“ In der Druckfassung wird die Passage unkenntlich gemacht, in der im Internet abrufbaren Fassung wurde sie entfernt.

Bereits im vergangenen Jahr musste der Verfassungsschutz den alternativen Jugendclub aus dem Verfassungsschutzbericht streichen. Es ging damals vor dem Verwaltungsgericht Potsdam um nicht einmal zwei Seiten in dem Verfassungsschutzbericht 2010. Darin wurde das Wohnprojekt als Beispiel für „linksextremistische Aktivitäten in Jugendtreffs und Vereinen“ genannt. Schließlich legten beide Seiten die Auseinandersetzung „im beiderseitigen Einvernehmen gütlich“ bei. Der Verein, der Träger der freien Jugendhilfe ist, erklärte im Gegenzug, bei der Zusammenarbeit mit Personen und Gruppierungen „sorgfältig darauf zu achten, ob dadurch Aktivitäten oder Bestrebungen unterstützt werden, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind“. Alexander Fröhlich

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