Brandenburg: LPG-Strukturen auf dem Prüfstand
DDR-Enquetekommission: Landesregierung muss massive Fehler bei der Umwandlung von LPG-Betrieben nach der Wende heilen
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Potsdam - 23 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es jetzt für zahlreiche frühere Mitglieder von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) in der DDR Hoffnung auf Wiedergutmachung. Die Enquetekommission des brandenburgischen Landtags zur DDR-Aufarbeitung nach 1990 fordert in ihren Handlungsempfehlungen von der Landesregierung aktive Unterstützung zur Heilung von Rechtsverstößen bei der Umwandlung der DDR-Agrarbetriebe, bei der einst zwangskollektivierte Bauern nach der Wende nicht an ihren Besitz gekommen sind.
Wie berichtet geht es konkret darum, dass bei zwielichtigen LPG-Umwandlungen zu Beginn der 1990er-Jahre von Betriebsführern massiv Eigentum verschleiert wurde, um einst zwangskollektivierte Bauern nicht zu entschädigen. Die Auszahlung von eingebrachtem Land, Eigentum und der Wertschöpfung durch Arbeit war jedoch gesetzlich vorgeschrieben. Trotz offenbarer Verstöße sind die Betriebe bei den Registergerichten als Nachfolgeunternehmen eingetragen worden, nach Erkenntnissen Bayers wegen flächendeckend mangelnder Kontrolle der Behörden und der Registergerichte.
Bereits 2002 waren in einer Studie des Jenaer Rechtsprofessors und Thüringer Landesverfassungsrichters Walter Bayer für die Deutsche Forschungsgemeinschaft erstmals gravierende Probleme bei der Umwandlung zahlreicher LPG-Betriebe nachgewiesen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) weisen laut Bayer rund elf Prozent der LPG-Umwandlungen in Brandenburg – aufgelistet sind 39 Betriebe – derart schwere Mängel auf, dass sie als unwirksam gelten müssten.
Die Enquetekommission stellte dazu am gestrigen Freitag nun in ihren Handlungsempfehlungen fest, dass Handlungsbedarf seitens der Landesregierung bestehe. Sie sollte „im Rahmen des rechtlich Zulässigen aktive Unterstützung zum Beispiel in Form von abstrakten Empfehlungen an die vermeintlichen Rechtsnachfolger und die Mitglieder der bislang unerkannt in Liquidation befindlichen LPG über die außergerichtlichen oder zivilrechtlichen Möglichkeiten zur Klärung der Rechtsverhältnisse leisten“. Die Landesregierung soll die betroffenen Betriebe zur Klärung ihrer Rechtsverhältnisse auffordern.
Wie berichtet hatte das Agrarministerium bereits eine Liste mit 39 Nachfolgeunternehmen von LPG-Betrieben der DDR an das Justizressort weitergereicht und um Prüfung gebeten. Die Registergerichte waren eingeschaltet worden, wo Richter und Rechtspfleger im Einzelfall Maßnahmen unabhängig prüfen können.
Der Grünen-Fraktionschef Axel Vogel konnte überraschend auch gegen die Stimmen von SPD und Linken durchsetzen, dass Neusiedlererben dafür entschädigt werden, dass der Landesfiskus sich deren Flächen einverleibt hat, weil sie nach DDR-Recht nicht in der Landwirtschaft tätig waren. Bis zur Klärung soll die Landesregierung keine Flächen aus der Abwicklung der Bodenreform mehr vermarkten.
Darüber hinaus sollen Regelungen im Grundstücksverkehrsrecht gefunden werden, um ortsansässige Bauern beim Flächenerwerb – auch ehemals volkseigener Flächen – gegenüber überregionalen Investoren zu stärken. Zudem soll Agrarland in Landeseigentum bei der Verpachtung gezielt für agrarpolitische Schwerpunkte genutzt werden. Fördermittel von EU, Bund und Land sollen stärker in Maßnahmen fließen, mit denen die regionale Wertschöpfung und Wirtschaftskreisläufe angekurbelt werden. Zudem sollen Listen mit der Höhe der EU-Beihilfe, der Größe, Mitarbeiterzahl, Betriebsstruktur und Umwelt- und Tierschutzmaßnahmen jedes Agrarbetriebs veröffentlich werden. Überdies sollen mit einer Studie die Entwicklung der Agrarbetriebe – Größe, Gesellschafter, Betriebsformen – und die Folgen für die Entwicklung des ländlichen Raumes untersucht werden.
Ende Januar soll der letzte Teil der Handlungsempfehlungen zum Thema Personalpolitik und Stasi-Überprüfung beschlossen werden.
Yvonne Jennerjahn
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