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Brandenburg: Luftbrücke, Legenden, fliegende Kisten

80 Jahre Flughafen Berlin-Tempelhof: Das größte zusammenhängende Gebäude Europas hat sich etwas Mythisches bewahrt

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80 Jahre Flughafen Berlin-Tempelhof: Das größte zusammenhängende Gebäude Europas hat sich etwas Mythisches bewahrt Von Ulrike von Leszczynski Berlin. Wenn am Flughafen Berlin-Tempelhof kleine Propellermaschinen starten, fühlt sich nicht nur der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an den Filmklassiker „Casablanca“ erinnert. Der Flughafen im Herzen der deutschen Hauptstadt, der an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wird, hat sich etwas Mythisches und Legendäres bewahrt. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort, der von tollkühnen Männern in fliegenden Kisten erzählen kann, doch auch vom Größenwahn der Nationalsozialisten. Mit der Luftbrücke ging der Name Tempelhof im Jahr 1948 um die Welt, Synonym und Symbol für das „Freie Berlin“. Und die Zukunft des kleinen Airports bewegt noch immer die Gemüter. Wer den Flughafen Tempelhof für sich entdecken möchte, braucht Zeit und Muße. Dieser Ort ist kein Hexenkessel, in dem sich Lautsprecher-Stimmen mehrsprachig überbieten und Jumbo-Jets an Panoramafenstern vorüberziehen. Tempelhof ist Flughafen-Provinz mitten in der Hauptstadt. Von hier aus reisen Geschäftsleute in kleinen Propellermaschinen nach Basel oder Brüssel. Ex-Kanzler Helmut Kohl, sagt man hier, liebte die Nähe zum Regierungsviertel - es sind nur sechs Kilometer bis zum Reichstag. Heute heulen die Flugzeuge ein wenig auf beim Start und brummen bei der Landung, zur Wut der Anwohner, die seit Jahren Sturm laufen gegen Tempelhof. Angst und Frust sind nicht unbegründet – es war oft knapp genug: 2001 stürzte ein Privatjet bei der Landung ab und prallte gegen eine Hauswand, wie durch ein Wunder kamen nur die Piloten ums Leben. Doch es gibt auch die engagierten Tempelhof-Fans, die um den Erhalt des Flughafens kämpfen. Dazu zählen die zwölf Airlines, die den kleinen Airport regelmäßig ansteuern, und auch Mitarbeiter wie Klaus Eisermann, seit fast 40 Jahren arbeitet er hier. 64 Jahre ist Eisermann nun, er hat als Kind noch die Luftbrücke erlebt, die Zeiten, als Schokoladentafeln an kleinen Seidenfallschirmen zu Boden schwebten. Er erlebte die US-Amerikaner als neue Herren in Tempelhof und zeigt Besuchern mit einem Schmunzeln die einst geheimen Räume der CIA oder den Basketballplatz unter dem Dach. Manchmal führt er ehemalige Luftbrücken-Piloten durch die Räume, Männer, die am Ende ihres Lebens noch einmal diesen Ort sehen wollen. „Da fließt so manche Träne“, sagt Eisermann. Mit dem Stolz und der Superlativ-Lust des Ur-Berliners nennt er den Flughafen das größte zusammenhängende Gebäude Europas. Ein 1,3 Kilometer langer halbrunder Bau mit einer Geschossfläche von 3,5 Millionen Quadratmetern, der die monumentale Architektur der Nazi- Zeit nicht verleugnen kann. Ein „Weltflughafen“ sollte Tempelhof nach den bescheidenen Anfängen in den 20er Jahren werden – dazu kam es nicht mehr. Heute steht der Flughafen unter Denkmalschutz und ist nicht leicht zu vermieten. Seine Gegner führen die wirtschaftlichen Verluste ins Feld: Elf Millionen Euro waren es im vergangen Jahr. Die Gnadenfrist für den Flugbetrieb soll nur noch ein Jahr währen.

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